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Finanzmakler

Finanzaffäre Koch - Die Rückabwicklung

Von Dr. Wolfgang Wegener (FWG), Kreistagsabgeordneter (1996 - 2006)

Danksagung

Der Autor widmet diesen Schwerpunkt dem am 21. August 2004 im Alter von 53 Jahren als Folge einer heimtückischen Krankheit verstorbenen Kämmerer des Landkreises Osterode am Harz Dietmar Gerke. Gerke spielte bei der Lösung der Finanzaffäre bundesweit mit eine führende Rolle, seine Einschätzungen waren auch in überregionalen Medien gefragt.

Finanzmakler Koch - Die Inhaltsübersicht

Die durch den Finanzmakler Koch ausgelöste bundesweite Finanzaffäre, in die Hunderte von Kommunen verwickelt sind, absorbiert Unmengen von Arbeitszeit hochqualifizierten Personals, die drohende Prozesslawine zur Rückabwicklung könnte nach Meinung von Beobachtern dem Steuerzahler bis zu 30 Millionen Mark Gerichts- und Anwaltskosten kosten.

Notwendig ist eine Rückabwicklung aus eigener Kraft, und zwar schnell. Nur wie? Als Kreistagsabgeordneter einer rein regional im Landkreis Osterode am Harz auftretenden Wählergemeinschaft habe ich mich entschlossen, einen bundesweit relevanten Schwerpunkt zum Thema Finanzvermittler Koch auf dieser eigentlich nur für die Region bestimmten Internet-Präsenz einzurichten. Ich möchte hier den Versuch unternehmen, bundesweit einen bescheidenen und vielleicht katalytisch wirkenden Beitrag zu leisten. Die jetzt anlaufende Prozesslawine sollte gestoppt werden. Nur wie? Einen Vorschlag zur Lösung der Finanzaffäre Koch habe ich unter dem 2. 3. 2001 dargestellt . Er läuft auf die Installation eines Verfahrens hinaus, welches mit der Präzision eines Uhrwerkes abläuft und im Ergebnis denjenigen Kommunen, die direkt an Koch gezahlt haben, klarmacht, dass sie nicht nur den Schaden allein zu tragen haben werden, sondern auch die Gerichts- und Anwaltskosten schultern müssen, falls sie nicht kooperieren

Vorausgesetzt wird dabei, dass die Gerichte im Sinn ungerechtfertigter Bereicherung entscheiden.

Das geschah am 20. 3. 2001 im Urteil in Sachen Ortenaukreis/Schwedt (s. dazu meine Analyse vom gleichen Tag). ich bringe auch den Bericht der Märkischen Oderzeitung vom 24. 3. 2001 zu diesem Verfahren , u. a. mit vielen interessanten lokalen Details. Interessant ist dieser Fall auch deshalb, weil es sich um ein klassisches Dreiecksgeschäft handelt. Die Forderung des Ortenaukreises an die Stadt Schwedt entspricht nämlich einer Forderung der Stadt Schwedt gegen Pirna, die Pirna wiederum gegen den Ortenaukreis hat. Das Urteil vom 20. 3. 2001 ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Die unterlegene Stadt Schwedt legte nämlich am 8. 5. 2001 Berufung vor dem brandenburgischen Oberlandesgericht ein, so die Pressestelle der Stadt Schwedt. Dabei hätte es durchaus nahegelegen, diese Forderungen einvernehmlich auszugleichen und das Urteil vom 20. 3. 2001 rechtskräftig werden zu lassen.

Das zweite Verfahren, nämlich Ortenaukreis und Böblingen gegen Eschweiler wurde am 13. 6. 2001 in einem Sinne entschieden, dass nun die Aussichten für eine sachgerechte Rückabwicklung der Finanzaffäre Koch deutlich gestiegen sein dürften (s. Bericht vom 13. 6. 2001).

Anfang Dezember 2001 lagen 6 erstinstanzliche Urteilen vor, bei denen auf Rückzahlung aufgrund fehlender vertraglicher Grundlage (ungerechtfertigte Bereicherung) erkannt wurde, es gab lediglich ein einziges abweichendes Urteil des LG Karlsruhe, eine Entscheidung vor dem LG Hannover wurde ausgesetzt. Am 15. 1. 2002 fand dann vor dem OLG Brandenburg die erste Berufungsverhandlung (Stadt Schwedt gegen Ortenaukreis) statt, bei der ebenfalls auf Rückzahlung aufgrund fehlender Vertragsgrundlage entschieden wurde (s. Bericht der märkischen Oderzeitung vom 16. 1. 2002). Geht die unterlegene Stadt Schwedt in die Berufung vor der letzten Instanz, dem BGH, und unterliegt dort ebenso, werden ca. 100 TDM an Prozesskosten erwartet.

Am 26. 2. 2002 teilte das ARD-Magazin Plus-Minus mit, nach ihm vorliegenden Informationen hätten folgende zwölf Kommunen direkt an Koch gezahlt: Bad Herrenalb, Bretten, Emmerich, Gießen, Stadt Göttingen, Grenzach-Wyhlen, Hagen, Hechingen, Hilden, Osnabrück, Salzgitter und Sprockhörel. Koch habe z. B. kommunale Zahlungen auf das Konto dieser Kommunen als "Irrläufer" auf sein Konto "zurück"gerufen, oder er habe Kommunen "selbst" Kredite gegeben, diese aber von anderen Kommunen überweisen lassen, während Tilgung und Zinsen auf sein Konto flossen.

Mit einiger Spannung wurde das Urteil des BGH am 5. November 2002 erwartet, bei dem im Wege der Sprungrevision der gegen Grenzach-Wyhlen unterlegene Kreis Weilheim-Schongau eine Klärung veranlasst hat. Sollte auch hier wie bereits erstinstanzlich vor dem LG München und zweitinstanzlich bundesweit verfestigter Rechtsprechung im Sinne ungerechtfertigter Bereicherung entschieden werden, ständen die Chancen für eine sachgemäße Rückabwicklung ausgezeichnet - ein derartiges höchstinstanzliches Urteil in einem Drittrechtsfall dürfte eine Lawine außergerichtlicher Einigungen zwischen den in die Finanzaffäre Koch involvierten Kommunen auslösen.

Am 5. November 2002 entschied dann der für Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des BGH (AZ: XI ZR 381/01), dass die von dem Finanzmakler Koch veranlassten Zahlungen vom Zahlungsempfänger direkt zurückgefordert werden können. Der Landrat des Landkreises Osterode am Harz berichtete in der Sitzung des Finanzausschusses am 6. Juni 2003, dass dem Landkreis Osterode am Harz kein Schaden entstanden sei. Etwa 6,3 Mio. Euro einschließlich der Zinsen von 742 000 Euro seien mittlerweile zurückgezahlt, die Abweichungen von der Schlussabwicklung lägen vermutlich im Bereich von plus/minus 10 000 Euro. Der erzielte Zinssatz läge mit ca. 4 Prozent etwa einen Prozentpunkt oberhalb dem seit längerer Zeit üblichen Tagesgeldzinssatz. Damit ist dieses Thema aus Osteroder Sicht zufriedenstellend erledigt. Es werden nun mit hoher Wahrscheinlichkeit diejenigen auf dem von Hans Jürgen Koch angerichteten Schaden sitzen bleiben, die rechtswidrig als Kommune einem Privatmann Millionen-Darlehen gegeben haben und nicht diejenigen, die zufällig bei Abschalten des Systems Koch einen negativen Saldo hatten. Ich denke, dass die Kämmereien zukünftig insbesondere bei Eingang von nicht eindeutig zuordbaren Millionensummen auf kommunalen Konten gelegentlich auch mal Rückfrage halten werden, was es denn damit auf sich hat.

Hans-Jürgen Koch selbst wurde im Übrigen nach vierjähriger Auslieferungshaft in Namibia am 29. 11. 2006 überraschend auf freien Fuß gesetzt und beabsichtigte nicht, nach Deutschland zurückzukehren - der internationale Haftbefehl blieb bestehen. Er verstarb am 3. Oktober 2008 in einem Krankenhaus in Namibia (Quelle:ntv).

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