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Finanzmakler

Lösungsvorschlag zur Affäre um den Finanzmakler Koch

Von Dr. Wolfgang Wegener, Abgeordneter des Kreistages Osterode am Harz (FWG)

Ungerechtfertigte Bereicherung

In der Angelegenheit der im System Koch "verschwundenen" 12,5 Millionen Mark des Landkreises gibt es jetzt Bewegung: Es finden die ersten Gerichtsverfahren statt.

Bekanntlich hatten sich seit Beginn der 90-er Jahre mehrere hundert Kommunen an einem vom Finanzmakler Koch organisierten System beteiligt, bei dem Geld ge- und verliehen wurde zu jeweils günstigeren als banküblichen Zinsen. Anfang 2000 verabschiedete sich Herr Koch Richtung Namibia (er hat dort seit Oktober 2000 eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung), seine Finanzagentur stellte ihre Dienste ein. Offenbar war Geld aus dem System in Richtung Koch geflossen; so wurden z. B. nach Informationen der Osnabrücker CDU am 22. 12. 2000 1,45 Millionen Mark vom Klinikum Osnabrück direkt an Koch gezahlt, insgesamt sitze das Klinikum auf unsicheren Außenständen von 6,4 Mio. Mark, die nach derzeitigem Stand möglicherweise als verloren gelten müssen.

Bezogen auf den Landkreis Osterode steht fest, dass die 12,5 Millionen Mark nicht "verschwunden" sind, sie ergeben sich vielmehr als Forderungssaldo an nicht-konkursfähige öffentliche Gebietskörperschaften.

Kostenträchtige Prozesslawine

Zu einer bundesweiten Bereinigung all dieser Forderungen müssten alle Schuldner und Darlehensgeber im System Koch an einen Tisch und ihre Forderungen und Gegenforderungen abgleichen (Clearingstelle). Da Koch nicht mit an diesem Tisch sitzt - er ist ja in Namibia - würden alle Darlehensgeber auf ihren Forderungen sitzen bleiben, die direkt an Koch gezahlt haben. Da diese noch zu ermittelnden Darlehensgeber ein Interesse haben, den ihnen durch direkte Zahlungen an Koch entstandenen Schaden auf alle zu verteilen, was naturgemäß diejenigen Kommunen ablehnen, die - so wie der Landkreis Osterode - kein Geld an Koch selbst überwiesen haben, ist die Gründung einer derartigen Clearing-Stelle bisher gescheitert, da es keine Einigung über eine festzusetzende Schadensquote gab. Da ferner gegenwärtig niemand Geld zahlen wird, wenn er nicht sicher sein kann, dass auch seine noch ausstehenden Forderungen beglichen werden, droht nun eine äußerst kostenträchtige Prozesslawine zur Entwirrung dieses Geflechtes von Forderungen und Gegenforderungen.

Eines der ersten Verfahren fand am 27. 2. 2000 in Frankfurt/Oder statt, es ging um die Forderung des Ortenaukreises gegen die Stadt Schwedt. Während der Ortenaukreis der Auffassung war, er verlange einen der Stadt Schwedt gegebenen Kredit zurück, war man in Schwedt der Auffassung, der Ortenaukreis habe damals einen Kredit zurückgezahlt, den Schwedt einer anderen Gemeinde gegeben hatte, der Fall sei daher für Schwedt erledigt. Offenbar stimmten also der Wille des Gebers und des Empfängers der Zahlung nicht überein, es wäre somit kein Vertrag zustande gekommen, es läge ein Fall ungerechtfertigter Bereicherung vor, so das zentrale Argument des Ortenaukreises. Auch der Richter, der ein Urteil für den 20 März angekündigte, wurde in der Frankfurter Presse mit der Äußerung zitiert, es gehe nicht um die Klärung des bundesweiten Finanzskandals Koch, sondern schlicht um die Frage, ob ein Fall ungerechtfertigter Bereicherung vorliege.

Täter und Opfer im System Koch

Würden alle nun strittigen Zahlungsvorgänge in dieser Weise zurückabgewickelt, wäre allerdings in der Tat der Finanzskandal befriedigend abgearbeitet. Es blieben dann nämlich genau diejenigen auf ihren Forderungen sitzen, die als Kommune einem Privatmann Millionendarlehen gewährten ("Täter") und nicht diejenigen, die zufälligerweise als letzte bei Abschaltung des Systems Koch einen negativen Saldo gehabt haben ("Opfer"); insofern handelt es sich um ein gerichtlich erzwungenes Clearing-Verfahren. Problematisch dabei ist die Finanzierung der angesichts der Streitwerte exorbitant hohen Anwalts- und Gerichtsgebühren. Diese Kosten sollten ausschließlich von den Tätern und nicht von den Opfern gezahlt werden müssen, was derzeit nicht sichergestellt ist. Obwohl sowohl der Ortenaukreis als auch Schwedt zu den Opfern gehören können, wird einer von beiden die Gerichtskosten zu tragen haben. Problematisch bei einer gerichtlichen Klärung ist ferner, dass aus Sicht der Steuerzahler die Anwaltskosten in jedem Fall als Verlust zu sehen sind. Eine außergerichtliche Einigung hat insofern hohen Vorrang, den Tätern muss somit anhand eines nachvollziehbaren Verfahrens deutlich gemacht werden, dass sie nicht nur den Schaden allein zu tragen haben werden (das wäre sichergestellt, wenn alle Gerichte gemäß dem Argument ungerechtfertigte Bereicherung entscheiden), sondern zusätzlich noch allein auf den hohen Gerichtskosten sitzen bleiben werden, wenn sie nicht kooperationsbereit sind und sich an einem Clearingverfahren ohne Schadensquote beteiligen würden.

Zweistufiges Clearingverfahren ohne Schadensquote

Aus meiner Sicht müsste dazu ein zweistufiges Verfahren angewendet werden, dass den Interessen aller Beteiligten auch gerecht würde und machbar wäre. In einer ersten Stufe fließt kein Geld, die Forderungssalden blieben also unverändert, er werden aber unter den Kommunen, die sich beteiligen, so viele Forderungen wie möglich miteinander verrechnet. An diesem Verfahren sollten sich auch die Kommunen beteiligen, die derzeit einen Forderungssaldo Null haben; auch diese müssen ja mit kostenträchtigen Klagen rechnen.

Diese erste Stufe könnte nach dem Verfahren durchgeführt werden, welches etwa der Ortenaukreis mit Grenzach-Wyhlen und Brühl im Oktober 2000 angewendet hat, das sogenannte kleine Clearingverfahren. Verlangt etwa A von B 3 Mio. Mark, B von C 2 Mio. Mark und C von A 1 Mio. Mark, so könnte A 1 Mio. Mark seiner Forderung gegen B an C abtreten gegen Streichung der Forderung, die C gegen A hat. Bei diesem Verfahren fließt kein Geld, der potentielle Streitwert der Beteiligten wäre aber von 6 auf 3 Mio. Mark reduziert. Denkbar wäre eine Internet-Börse für Forderungen oder auch eine Clearingstelle, um diese Tauschvorgänge zu organisieren

Nach Abschluss der ersten Stufe wäre nicht nur der Streitwert insgesamt vermindert (allein dies wäre schon positiv), sondern auch die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass in der zweiten Stufe - dem Ausgleich der Forderungssalden durch die Gerichte auf Basis der Argumentation ungerechtfertigte Bereicherung - die Gerichtskosten mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließlich von den Tätern zu bezahlen wären. Zur Vermeidung dieser Kosten wären die Täter nach Abschluss der ersten Stufe des Clearings dann vermutlich auch bereit, sich an einem Clearingverfahren II ohne Schadensquote zu beteiligen, so dass dem Steuerzahler ein Minimum an Schaden entstehen würde. Tatsächlich haben die Täter sogar ein hohes Interesse, sich an dem Clearingverfahren Stufe I zu beteiligen, denn nur wer alle außenstehenden Forderungen befriedigt hat, kann sicher sein, in Stufe II nicht für Gerichtskosten aufkommen zu müssen.

Insofern kommt der Entscheidung des Frankfurter Gerichts am 20. 3. 2001 eine große erzieherische Bedeutung zu. Nur wenn das Gericht im Sinne ungerechtfertigter Bereicherung entscheidet, kann aus meiner Sicht das Geflecht der Forderungen wieder aufgedröselt werden und Druck auf die Beteiligten ausgeübt werden, sich außergerichtlich zu einigen.

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