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Mobilfunk

Zu Widerständen gegen Errichtung von Mobilfunk-Sendemasten

Von Dr. Wolfgang Wegener, Ratsherr der Stadt Osterode am Harz (FWG)

Mobilfunk in Osterode am Harz - Die Inhaltsübersicht

Für 50 Milliarden Euro ersteigerten die Mobilfunkunternehmen Deutsche Telekom, Viag Interkom, Mannesmann/Vodafon, E-Plus, Mobilcom sowie das Konsortium 3G im August 2000 die Lizenzen für jeweils zwei Frequenzen nach dem UMTS-Standard. Mit UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) sollen bis 2005 50% der Bevölkerung Zugang zum Internet übers Handy erhalten.

Bei diesen Summen, die der Bundesrepublik Deutschland zuflossen, ist klar, dass die Mobilfunkunternehmen zu Recht erwarten dürfen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden, damit die benötigten Sendemasten auch aufgebaut werden können. Das ist selbstverständlich auch geschehen. Gleichwohl: Es kneift.

So berichtete das Regionalfernsehen des Norddeutschen Rundfunks am 17. 10. 2002 von der Diskussion in Hannover Ahlem. Auf der Martin-Luther Kirche soll ein Sendemast aufgebaut werden, der Pfarrer geriet unter erheblichen Druck. "Elektrosmog" heißt das Reizwort. Im Gegensatz zu Brieftauben und Meeresschildkröten besitzt der Mensch kein eigenes Sinnesorgan für Magnetfelder, es ist unmöglich, potentielle Gefahren aus eigener Anschauung zu erfassen und einzuorden. Das Vertrauen in staatliche oder wissenschaftliche Autoritäten hält sich bei vielen Menschen in engen Grenzen, der Hinweis der Pfarrers der Martin-Luther Kirche in Hannover-Ahlem, die gesetzlichen Grenzwerte würden um das 90-fache unterschritten, konnte nicht jeden überzeugen. Eine Frau wollte umziehen, die in Aussicht genommene Wohnung hatte aber ihrerseits einen Mobilfunk-Sendemast in weniger als 300 Metern Entfernung. Kein Wunder: Der Vertreter von T-Mobile Region Nord wies darauf hin, dass die Dichte der vorgesehen Netze dabei helfe, dem Wunsch vieler Personen entgegenzukommen, kleinmaschig aufzubauen und somit Sendeleistung sowohl auf der Handy- als auch auf der Senderseite heruntersetzen zu können. Vorgesehen sei bei UMTS-Sendemasten eine maximale Sendeleistung von 20 Watt (2 Watt beim Handy im D-Netz) und eine maximale Entfernung der Sendemasten von 600 Metern.

Ich werde diese auch bundesweit gelesene Internet-Präsenz nutzen, um am Beispiel der Diskussion in Osterode (ca. 26 000 Einwohner) das Thema zu vertiefen. Nachdem der Verwaltungsausschuss der Stadt beschloss, eine Fläche in Nähe einer Schule an einen Mobilfunkbetreiber zu verpachten zur Errichtung eines Mobilfunksendemastes, bildete sich eine Bürgerinitiative, ich spiegele die öffentliche Diskussion wieder mit einem Leserbrief eines Bad Lauterbergers Funkamateurs vom 19. 9. 2002 unter dem Titel "Schizophrene Gesellschaft" . Zwar sprach die Verwaltung der Stadt mit Vertretern der BI, nahm auch an einer Bürgerversammlung teil, die von dieser BI organisiert wurde, eine Presseinformation gab es aber nicht. Wofür gibt es eigentlich Zeitungen, wofür gibt es eigentlich eine Internet-Seite der Stadt, fragte ich mich. Am 24. 9. gab der Hauptverwaltungsbeamte bekannt, dass die Fläche zunächst nicht verpachtet werde, man wolle sich bemühen, Vertretern der BI Einsicht in die Antragsunterlagen zu verschaffen. Am 7. November schließlich wurde ein Vertreter von T-Mobile zu einer öffentlichen Bauausschuss-Sitzung eingeladen. Die Sitzung fand nicht im kleinen Sitzungssaal, sondern im Ratssaal in Anwesenheit von ca. 100 Besuchern statt. Für mich der Zeitpunkt, mein Schweigen zu beenden. Ich hielt am 7. 11. 2002 eine klare und eindeutige Rede zur geplanten Errichtung eines Mobilfunksendemastes in der Nähe einer Schule und stellte anschließend zusammenfassend Zitate aus einer Infoschrift zum Mobilfunk in Kommunen zu den rechtlichen, gesundheitlichen und technischen Informationen aus einer Broschüre des Deutschen Städte und Gemeindebundes ins Netz und in den Schaukasten der FWG am Harzer Hof in Osterode. Ich will UMTS in Osterode, und muss darauf vertrauen dürfen, dass der Bund Vorschriften erlässt, die die Gesundheit der Bevölkerung nicht gefährden. Abwehrmöglichkeiten gibt es ohnehin keine.

Am 24. 1. 2003 lud dann die BI in die Grundschule Röddenberg ein, um eine Alternativplanung vorzustellen, ich trug dort ein Eingangsstatement (Elektrosmog: Weltmeister im Aufspüren vermeintlicher Risiken) vor. Kurz vor der Landtagswahl in Niedersachsen wies ich darauf hin, dass auf der einen Seite der Abbau von Bürokratie und schnellere Entscheidungen gefordert werden, praktisch aber in diesem Fall deutlich werde, wie quälend langsam politische Entscheidungsprozesse dauerten, wenn der Wille und der Mut zur Entscheidung fehle. Ein Arzt und Umweltmediziner trug zum beweisbaren Risiko von Mobilfunk ein Fragezeichen vor, mahnte aber, man müsse angesichts einer Vielzahl von bereits vorhandenen "Umweltgiften" jetzt bei neuen Techniken auf der sicheren Seite sein, jedwedes Risiko müsse ausgeschlossen werden ("Worst case Szenario" - die Annahme der denkbar schlimmsten Falles). Tausende von Jahren hätten die Menschen Fleisch "gebruzzelt", erst vor einem Jahr hätte man bemerkt, dass damit möglicherweise ein Magen-Darm-Krebsrisiko verbunden sei.

Na, ja. Zuende gedacht, formulierte ich in einem Leserbrief ( Keine Beweise für Beeinträchtigungen durch Mobilfunk) vom 29. 1. 2003, dürften wir dann nicht mehr mit dem Auto fahren (7000 Tote pro Jahr), nicht mehr vor die Tür treten (Blitzschlag) und da es rein theoretisch ja möglich ist, dass uns nach 600 000 Jahren Menschheit auf diesem Planeten vielleicht doch noch der Himmel auf den Kopf fällt, sollten wir vorsichtshalber in Höhlen leben. Wenn derartige Einstellungen zur Maxime politischen Handelns würden, hätten wir in diesem Land den vollständigen Stillstand, und auch die letzten Reste der ohnehin schon gefrusteten technisch-wissenschaftlichen Elite in diesem Land würden Richtung USA fliehen.

Im Mai 2005 stand dann ein Antrag der Grünen auf der Tagesordnung, die in einer Änderung des Flächennutzungsplanes Vorrangflächen für Mobilfunksendemasten einrichten wollten. Ich bezweifelte in meiner Rede im Stadtrat vom 26. 5. 2005 zum Antrag auf Ausweisung von Vorrangflächen für den Mobilfunk im F-Plan die rechtliche Umsetzbarkeit dieses Unterfangens und das Vorhandensein entsprechenden Sachverstandes im Rat. Ich wies darauf hin, dass etwa 80 Prozent der Stadtbevölkerung mittlerweile über ein Handy verfügen, sich guten Empfang wünschen und wies auf das Ergebnis einer kürzlich durchgeführten Messung im Stadtgebiet hin, die eine millionenfache Unterschreitung der Grenzwerte ergeben hatte.

Ein (letzlich zurückgezogener) Antrag der Grünen im Stadtrat ist eine Sache, eine Mobilfunk-Richtlinie der Stadtverwaltung, die vorsieht, im Umkreis von 100 Metern von Wohngebäuden keine Sendemasten aufzustellen, das ist eine andere Sache. In einer Mitteilung vom 30. 6. 2005 zur Leitlinie der Stadt Osterode beim Ausbau der Mobilfunknetze wies ich darauf hin, dass danach in Osterode überhaupt keine Sendemasten aufgestellt werden dürften. Für mich ist dies ein weiteres Beispiel dafür, zu welch populistischem Unsinn (rechtlich ist die Richtlinie nicht umsetzbar) direkt gewählte Bürgermeister bisweilen fähig sind.

Erst im November 2010 - aber dann immerhin - war es dann soweit: "Ab sofort können Telekom-Kunden mit Hochgeschwindigkeit auch in Osterode mobil surfen. Die Telekom hat ihr Mobilfunknetz in der Stadt um UMTS erweitert", teilte Bernhard Preilowski, Leiter Technik Nord der Telekom Deutschland GmbH mit. Beim Herunterladen sind nun Geschwindigkeiten bis zu 14,4 Mbit/s möglich. Ende gut, alles gut.

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