Dr. Wolfgang Wegener (FWG) im Stadtrat (Redemanuskript)
Erst gemeinsam und
an einem Standort sind beide Schulen stark
Anrede,
wir
beschließen heute über einen Antrag der Stadtverwaltung auf Auflösung der bisher selbstständigen
Grundschulen der Ortsteile Förste und Dorste mit dem Ziel der Zusammenlegung zu einer neuen
selbstständigen Schule am Hauptstandort Förste und mit Dorste als Außenstelle. Begründet wird dies mit
rückläufigen Schülerzahlen. Zur Organisationsform beider Schulen, die ja nicht Sache der Stadt ist, heißt es in
der Begründung der Stadtverwaltung: "Die Grundschule Dorste wird in den nächsten zwei Schuljahren
aufgrund der Schülerzahlen nur mit kombinierten Eingangsstufen zu führen sein". Ich habe gute Gründe
anzunehmen, dass dieser Satz in der Begründung für Verwaltung und Mehrheitsfraktion maßgeblicher
Bestandteil für ihre Zustimmung sind. Ohne diese kombinierte Eingangsklasse, also der Beschulung der
Schüler der Schuljahrgänge 1 und 2 in einer gemeinsamen Klasse müssten nämlich ab dem Schuljahr
2005/2006 die Dorster Erstklässler in Förste beschult werden, was wohl gleichbedeutend mit einer Auflösung
der Dorster Schule wäre.
Kombinierte Klasse in Dorste
Wer diesem
Beschlussvorschlag zustimmt, stimmt daher auch dieser kombinierten Eingangsklasse zu. Das Kollegium dort
will nun auch wissen, woran es ist und wird dann ab morgen intensiv die Vorbereitungen für diese kombinierte
Klasse vorantreiben. Wer diesen Beschlussvorschlag dagegen ablehnt, stimmt ebenfalls einer kombinierten
Eingangsklasse zu, denn dann bliebe Dorste ja sogar als selbstständige Schule mit 23 Schülern in den Klassen
1 und 2 ab dem nächsten Schuljahr erhalten und eine kombinierte Eingangsklasse wäre zwingend
vorgeschrieben, da gemäß einem Runderlass des Kultusministeriums (MK) zur Klassenbildung an den
allgemein bildenden Schulen kombinierte Klassen in Grundschulen gebildet werden müssen, wenn in zwei oder
mehreren aufeinander folgenden Schuljahren nur maximal eine Schülerzahl von 26 Schülern erreicht wird.
Dies ist in Dorste für die erste (10 Kinder) und zweite Klasse (13 Kinder) ab dem Schuljahr 2005/2006 der Fall.
Optimale Schulausbildung hat Vorrang vor allen anderen Interessen
Es hat in Dorste eine Unterschriftenaktion mit etwa 1000 Unterschriften für
den Erhalt der dortigen Grundschule gegeben. Die Kinder der dortigen Grundschule (s. Bild) beteiligen sich
gemeinsam mit ihren Lehrern am kulturellen Leben des Ortsteils, eine eigene Grundschule ist auch ein
Argument für Zuzugswillige. Bei allem Verständnis dafür: Selbst direkt betroffen sind nicht die gut 1500 Dorster,
sondern die 59 Grundschulkinder in Dorste und ihre Eltern. Ganz direkt betroffen sind sogar nur die 10
Erstklässler und ihre Eltern, die 2005/2006 aus Dorste eingeschult werden, sowie die 13 Kinder der jetzigen
Klasse 1. Maßgeblich und vorrangig in meinen weiteren Ausführungen ist für mich die optimale
Schulausbildung der Grundschulkinder.
Auf die die Eltern kommt es an
Auf
die Eltern der Kinder in diesen kombinierten Klassen kommt es entscheidend an. Sie werden sich nämlich zu
entscheiden haben, ob sie ihre Kinder in der kombinierten Eingangsklasse unterrichten lassen oder doch lieber
nach Förste schicken. Diesem Wunsch würde gefolgt werden, davon gehe ich nach meinem
Informationsstand aus. Ohne die Zustimmung der Eltern dieser Kinder wird es also keine kombinierte
Eingangsklasse in Dorste geben. Da die Eltern dieser Kinder sicherlich nicht eine suboptimale Ausbildung
ihrer Kinder in Kauf nehmen werden mit dem Ziel, den Schulstandort Dorste zu erhalten - das würde ich an ihrer
Stelle auch nicht tun - müssen sie davon überzeugt sein, dass die kombinierte Eingangsklasse eine optimale
Ausbildung ihrer Kinder im Vergleich zu der alternativ möglichen Beschulung in Förste sicherstellt.
Fragen und Zweifel
Und da werden natürlich Fragen gestellt, die auch ich mir stelle.
Sicherlich, der Schultransport entfällt bei einer Ausbildung in Dorste, aber was sind schon fünf Minuten
Fahrzeit im Vergleich zu 4 oder 5 Stunden Schulunterricht, auf den es ja letztlich ankommt. Sicherlich, die
Ausbildung in kombinierten Klassen wird mit 2 Wochenstunden vom Land sogar gefördert. Erfahrungen zeigen
allerdings, dass es teilweise erhebliche Akzeptanzprobleme seitens der Eltern gibt. Wird mein Kind in Klasse 2
einer kombinierten Klasse, die gemeinsam mit Kindern der Klasse 1 unterrichtet wird, auch genug Neues lernen
oder in diesem Prozess des Gebens und Nehmens eher zu den Gebern gehören? Der Unterricht in
kombinierten Klassen beruht auf einem sehr aufwendigen pädagogischen Konzept. In der Zeit, in der die
Erstklässer lernen, wie man A schreibt, müssen die Kinder der Klasse 2 anderweitig beschäftigt werden: Wie
sieht es mit dem Stillhaltevermögen der Kinder aus, wird es Unruhe geben, z. B. am Montag? Was geschieht
eigentlich, wenn mal jemand krank wird, zum Beispiel der eingearbeitete Lehrer der kombinierten Klasse? Aus
den neuen Bundesländern ist bekannt, dass Schulausfallzeiten mit der Größe der Schule korreliert sind: Je
kleiner die Schule, desto größer die Schulausfallzeiten. Das werden einige der Fragen sein, die sich die Eltern
dieser 23 Kinder stellen werden.
Jährlicher Wechsel des Klassenverbandes der
kombinierten Klassen
Eine weitere Frage, über die noch gar nicht gesprochen wurde,
ergibt sich aus der Frage, wie es nach Ablauf eines Jahres mit einer kombinierten Klasse des ersten und zweiten
Jahrganges weitergeht. Bliebe der Klassenverband zusammen, kämen diese Kinder in eine kombinierte Klasse
der Jahrgänge 2 und 3. Ab Klasse 3 beginnt der Englischunterricht. Dieser wird erstmals im ersten Halbjahr der
Klasse 4 benotet und ist dann relevant für die Schullaufbahnempfehlung. Entweder, man unterrichtet Kinder,
die erstmals Englisch lernen, gemeinsam mit Kindern, die noch kein Englisch lernen. Oder man löst den
Klassenverband der kombinierten Klasse wieder auf. Ich unterstelle aufgrund der von mir vermuteten
erheblichen Widerstände der Eltern, deren Kinder erstmals Englisch lernen, dass es keine kombinierte zweite
und dritte Klasse geben wird. Dies bedeutet (s. Tabelle 1), dass der Klassenverband jährlich geändert wird.
Die Grundschulkinder der kombinierten Klassen bekommen also jährlich neue Klassenkameraden. Es wird
vom Schuljahr 2005/2006 bis zum Schuljahr 2008/2009 eine kombinierte Klasse in Dorste geben bei insgesamt
drei Klassen. Erst danach ist wieder Einzügigkeit gegeben, allerdings mit verminderter Gesamtschülerzahl. Die
Schülerzahl in Dorste wird dann von jetzt 69 auf 62 gesunken sein. Ob dies alles mit der Landesschulbehörde
möglich sein wird, bleibt abzuwarten, denn es steht ja ausreichend Schulraum in zumutbarer Entfernung (5,1 km)
an der Schule in Förste zur Verfügung.
Schuljahr
1. Klasse
2. Klasse
3.
Klasse
4. Klasse
Summe
2004/2005
13
20
16
20
69
2005/2006
10
13
20
16
59
2006/2007
14
10
13
20
57
2007/2008
20
14
10
13
57
2008/2009
14
20
14
10
58
2009/2010
15
14
20
14
63
2010/2011
13
15
14
20
62
Tabelle 1:
Schülerzahlen an der Grundschule Dorste
(Gemäß einem
Runderlass des MK zur Klassenbildung an den allgemein bildenden Schulen müssen kombinierte Klassen in
Grundschulen gebildet werden, wenn in zwei oder mehreren aufeinander folgenden Schuljahren nur maximal
die Schülerzahl von 26 Schülern erreicht wird. Die Schüler der in der Tabelle rot unterlegten Klassen werden
daher gemeinsam in einer Klasse unterrichtet).
Interessen der Förster Grundschüler
Damit komme ich zur Beschulung der Grundschulkinder in Förste, deren optimale Beschulung ich als
Ratsherr der Stadt Osterode ebenfalls im Auge behalten muss, ich bin ja nicht nur für Dorste zuständig. Diese
Schule wird ab dem kommenden Schuljahr im wesentlichen einzügig geführt (s. Tabelle 2), allerdings mit
Klassengrößen, die am oberen Teiler von 28 schrammen, der gerade noch zulässig ist.
Schuljahr
1. Klasse
2. Klasse
3. Klasse
4. Klasse
Summe
2004/2005
27
28
33
33
121
2005/2006
25
27
28
33
113
2006/2007
22
25
27
28
102
2007/2008
29
22
25
27
103
2008/2009
24
29
22
25
100
2009/2010
24
24
29
22
99
2010/2011
18
24
24
29
95
Tabelle 2: Schülerzahlen an der Grundschule Förste
Die Schülerzahl in Förste wird von heute 121 auf 95 im Schuljahr 2010/2011sinken
Die bessere Alternative: Zweizügige Grundschule in Förste
Würde man die Dorster
Schule dagegen auflösen und deren Schüler ebenfalls in der Grundschule in Förste unterrichten,
hätte man eine zweizügige Schule bis mindestens 2010 mit sehr schönen Schülerzahlen pro Klasse zwischen
15 und 25 und im Mittel von 20 Schülern pro Klasse (s. Tabelle 3)
Schuljahr
1. Klasse
2. Klasse
3. Klasse
4. Klasse
Summe
2005/2006
17/18
20/20
24/24
24/25
172
2006/2007
18/18
18/18
20/20
24/24
160
2007/2008
24/25
18/18
18/18
20/20
161
2008/2009
19/19
24/25
18/18
18/18
159
2009/2010
19/20
19/19
24/25
18/18
162
2010/2011
15/16
18/19
18/18
24/25
153
Tabelle 3: Schülerzahlen an der Grundschule Förste bei Beschulung der Dorster Schüler in Förste
Die Gesamtschülerzahl beträgt 2005 172 und sinkt bis 2010 auf 153 von im
Durchschnitt 20 Schülern pro Klasse. Statt zwei Schulen, wovon die Grundschule in Förste (s. Bild) im
wesentlichen einzügig ist und die andere in Dorste am seidenen Faden hängt, hätte man dann eine stabile,
schöne, zweizügige Schule an einem Standort, der mindestens mittelfristig vollkommen gesichert ist mit
allen Vorteilen einer starken Schule z. B. hinsichtlich der Einrichtung von Arbeitsgemeinschaften, Reduzierung
von Schulausfallzeiten durch optimale Arbeitsabläufe usw.. Erst
gemeinsam und an einem Standort sind diese beiden Schulen wirklich stark.
Anrede,
ich habe
als Ratsherr der Stadt Osterode heute zu einer Entscheidung zu finden. Nach meinem Verständnis habe ich
mich dieser Verantwortung zu stellen und werde diese Entscheidung nicht auf andere delegieren, z. B. indem
ich die Eltern mit den Füßen abstimmen lasse. Meine Entscheidung fällt völlig eindeutig aus.
Eine
Ablehnung des Beschlussvorschlages bedeutet die Beibehaltung des Status Quo, angesichts rückläufiger
Schülerzahlen in den nächsten Jahren halte ich es für zwingend geboten, darauf zu reagieren. Eine Ablehnung
schließe ich daher für mich aus.
Allerdings halte ich den Beschlussvorschlag der Verwaltung bei weitem
nicht für ausreichend, um eine wirklich optimale Grundschulversorgung sicherzustellen.
Ich bin der
festen Überzeugung, dass eine optimale Beschulung der Grundschüler aus Dorste und aus Förste am
ehesten dann gewährleistet ist, wenn ab dem Schuljahr 2005/2006 eine Beschulung der Dorster und der
Förster Grundschüler an einem Standort, also ohne Außenstelle erfolgt. Aufgrund der Zahl der allgemeinen
Unterrichtsräume an beiden Schulen kann dies nur der Standort Förste sein.
Antrag
Ich beantrage daher, den Beschlussvorschlag zu ändern. Das Wort "Hauptstandort" soll ersetzt werden
durch das Wort "Standort" und die letzten fünf Worte des Beschlussvorschlages sollen gestrichen werden.
Ich schlage Ihnen daher folgenden Beschluss vor: "Die Stadt Osterode am Harz stellt als Träger der
Grundschulen einen Antrag auf Auflösung der bisher selbstständigen Grundschulen Dorste und Förste mit
dem Ziel der Zusammenlegung zu einer neuen selbstständigen Schule am Standort Förste". Wird meinem
Änderungsantrag nicht gefolgt, werde ich dem Verwaltungsvorschlag zustimmen, obwohl ich ihn nicht für
optimal halte, sondern lediglich für die bessere von den zwei dann noch verbleibenden schlechten
Alternativen.
Anmerkung: Dieser Änderungsantrag wurde gegen das Votum der FWG abgelehnt. Dem
Vorschlag der Verwaltung wurde sodann mit 22 Ja-Stimmen, 1 Enthaltung und 12 Nein-Stimmen zugestimmt.
Anmerkung der Redaktion: Ihre Meinung (Leserbrief) interessiert uns, für
Hinweise sind wir dankbar. Die Druckversion
dieses Artikels enthält weitere Kontaktmöglichkeiten.
Dr. Wolfgang Wegener am 27. 1. 2005 im Stadtrat zur Zusammenfassung der Grundschulen Dorste und Förste
mit tabellarischer Vorschau auf die Schülerzahlen
Impressum
V. i. S. d. P. und Design: Dr. Wolfgang Wegener, Falkenweg 6,
D-37520 Osterode am Harz, Tel: 05522-72609, Fax: 05522-506378.