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Abfallwirtschaft

MBA-Anlage des Abfallzweckverbandes Südniedersachsen in Deiderode

Dr. Wolfgang Wegener zu Auswirkungen der Farmatic-Insolvenz (Pressemitteilung, anschließend Sachstand und Bewertung vom 8. 11. 2004)

TASi - Fristverlängerung gefordert

Die Fertigstellung der gesamten Mechanisch - Biologischen Anlage (MBA) zur Abfallentsorgung in Deiderode, an der auch der Landkreis Osterode im Rahmen einer Kooperation mit den Landkreisen Göttingen und Northeim sowie der Stadt Göttingen beteiligt ist, wird sich voraussichtlich um mehrere Monate verzögern Sie glaube nicht, dass die Anlage bis zum Stichtag 1. Juni 2005 fertig wird, wird die Geschäftsführerin der errichtenden Firma AMB zitiert, die in den Vertrag der ursprünglich beauftragten, mittlerweile aber insolventen Firma Farmatic eingestiegen war.

Der Osteroder Kreistagsabgeordnete Dr. Wolfgang Wegener weist nun darauf hin, dass die finanziellen Folgen für die Gebührenzahler katastrophal sein könnten. Jeder einzelne Monat über den Stichtag hinaus würde den Gebührenzahlern der beteiligten Kommunen für die dann notwendig werdenden Zwischenlösungen je nach Variante voraussichtlich zwischen einer halben und einer Million Euro an zusätzlichen Kosten aufbürden, da ab dem 1. Juni 2005 eine Ablagerung von Abfall nach derzeitigem Standard nicht mehr zulässig sei und Umweltminister Trittin eine befristete Ausnahmegenehmigung für den Weiterbetrieb der vorhandenen Deponien bis zur Fertigstellung der Anlage strikt ablehne.

Ohnehin sei bereits jetzt eine deutliche Anhebung der Gebühren absehbar, da aufgrund der Anfang der 90-er Jahre von der damaligen CDU/FDP Bundesregierung durchgesetzten Änderung der Ablagerungsvorschriften ab dem 1. Juni 2005 insbesondere Hausmüll auf der hochwertigen Kreismülldeponie nach bisherigem Standard nicht mehr abgelagert werden dürfe. Teuer bezahlter Deponieraum werde brachliegen. Dr. Wegener forderte erfolglos seit Jahren, dass neues Recht erst dann in Kraft treten dürfe, wenn insbesondere der hochwertige, sog. TASi2-Standard entsprechende Deponieraum restlos verfüllt sei. Die harte Haltung des Umweltministers Trittin, die am 12. Juni von ihm noch einmal ausdrücklich bestätigt wurde, setze nun noch einen drauf: Der Landkreis Osterode habe sich gemeinsam mit seinen Partnern im Abfallzweckverband Südniedersachsen alle erdenkliche Mühe gegeben, die Frist einzuhalten, was ohne die Insolvenz der ursprünglich beauftragten Fa. Farmatic auch mit hoher Sicherheit erreichbar gewesen wäre. "Was Großkonzernen wie Daimler-Benz im Rahmen des Mautdebakels an Fristverlängerungen zugebilligt werde, sollte Umweltminister Trittin erst Recht den südniedersächsischen Abfallgebührenzahlern zubilligen. Das würde sicherlich auch in seinem Wahlkreis Göttingen auf Verständnis stoßen", so Dr. Wegener. "Ich fordere eine Fristverlängerung bis zur Inbetriebnahme der MBA-Anlage in Deiderode".

8. 11. 2004

Der aktuelle Sachstand (→ Tagebucheintrag)

Seit Erscheinen dieser Pressemitteilung ist einiges geschehen. Der niedersächsische Umweltminister Sander wies auf einer Veranstaltung der IHK Hannover am 29. 6. 2004 zur kommunalen Abfallwirtschaft darauf hin, dass in Niedersachsen die Abfallablagerungsverordnung ab dem 1. Juni 2005 voraussichtlich überall eingehalten werde "mit vielleicht einer Ausnahme, der Region Süd-Ost-Niedersachsen". Ausnahmen seien weder rechtlich erlaubt noch rechtlich vorgesehen. Am 7. 7. 2004 gab es mit Vertretern des niedersächsischen Umweltministeriums (Referat 36) und der Bezirksregierung Braunschweig ein fachaufsichtliches Gespräch mit Vertretern des Abfallzweckverbandes Südniedersachsen (beteiligt auch Vertreter des Landkreises Osterode). Im Ergebnis informierte der Staatsekretär im Niedersächsischen Umweltministerium Dr. Christian Eberl den Landkreis Osterode darüber, dass ab dem 1. 6. 2005 keine Ausnahmen von der ab den 1. 6. 2005 geltenden Abfallverordnung möglich sind. "Vor diesem Hintergrund können Rechtsverstöße nicht hingenommen werden".

In einem öffentlich vorgestellten Gutachten des Abfallzweckverbandes Südniedersachsen (AS) vom September 2004 wurden die zusätzlichen Kosten einer Zwischenlagerung beziffert. Diese betragen bei 13,2 Euro/Tonne und 46 909 Tonnen, die dem Zwischenlager insgesamt zugeführt werden, insgesamt 620 000 Euro. Kosten, die sowieso anfallen werden - die Anlage wird ja errichtet und der Abfall muss sowieso entsorgt werden - wurden dabei nicht berücksichtigt; insofern werden die ursprünglich vermuteten Kosten unterschritten. Eine externe Verwertung in einer Müllverbrennungsanlage (MVA) wird als deutlich teurer bewertet, nicht nur aufgrund der vorhersehbaren Preise für eine kurzfristige Bestellung thermischer Verwertungsleistungen, sondern auch aufgrund der dann notwendig werdenden Ferntransporte.

In einer Pressemitteilung vom 13. 10 2004 lehnte Bundesminister Trittin eine Verlängerung der Frist über den Stichtag 1. 6. 2005 hinaus ab: "Dieser Stichtag ist den Kommunen seit Jahren bekannt. Dank eindeutiger Vorgaben der EU muss ich meinem Kollegen Sander zustimmen. Wie dieser kürzlich in einer Rede bei der IHK klarstellte, sind Ausnahmen weder rechtlich erlaubt noch rechtlich vorgesehen".

Am 4. 11. 2004 bezeichnete es der Staatssekretär im niedersächsischen MU Dr. Christian Eberl in der Osteroder Presse als Manko, dass der MBA-Output nicht weiter verwertbar sei und hielt somit indirekt ein flammendes Plädoyer pro Verbrennung.

Bewertung

Den Hinweis Trittins auf angebliche EU-Zwänge werte ich als Schutzbehauptung. Nach der EU-Deponierichtlinie 1999/31/EG ist der biologisch abbaubare Teil des zu deponierenden Abfalls bis Juli 2006 (nicht etwa 2005!) auf 75 Prozent, bis Juli 2009 auf 50 Prozent und bis Juli 2016 auf 35 Prozent des Aufkommens im Referenzjahr 1995 abzusenken, während er nach nationalem deutschen Recht ab dem 1. Juni 2005 praktisch auf Null sinken muss. Ich gehe davon aus, dass wir mit der derzeit noch möglichen Ablagerung unvorbehandelten Hausmülls im Land der Kompostierwerke mindestens bis 2009 noch EU-konform handeln würden. So hat soeben das Land Tirol (Österreich ist seit 1995 EU-Mitglied) der Mülldeponie in Rotten genehmigt, unbehandelten Hausmüll noch bis 2008 deponieren zu dürfen, während es in Deutschland mit dem Ziel Null Prozent nun offenbar auf jeden Monat ankommt, und zwar unabhängig davon, ob die Zeitüberschreitung bewusst in Kauf genommen wurde oder, so wie hier, ohne jedes Verschulden des AS eingetreten ist. Ich sehe es als schweren handwerklichen Fehler an, dass die TASi insofern keinerlei Notfallösung enthält. Das wäre ja immerhin noch zu ändern.

In jedem Fall fordere ich, hinsichtlich der aus meiner Sicht rechtskonformen Zwischenlagerung zu einer möglichst schnellen und möglichst unkomplizierten Genehmigung (also keine Verhinderungsgenehmigung) zu kommen. Es müsste sonst zu einer Auschreibung der Verbrennung kommen, der Auftrag müsste nach der Ausschreibung auch vergeben werden. Aufgrund des zeitlichen Vorlaufs käme eine Änderung der TASi in letzter Minute dann ohnehin zu spät. Insofern halte ich Spekulationen für Illusion, die harte Haltung Trittins diene lediglich dem Ziel, den Druck auf Umsetzung der TASi möglichst lange aufrecht zu erhalten, um dann in letzter Minute noch Erleichterung zu schaffen. Dafür gibt es zudem keinerlei Belege.

Im Übrigen ist es meiner Auffassung nach selbstverständlich, dass die im AS zusammengeschlossenen kommunalen Gebietskörperschaften geltendes Recht einhalten werden, ich empfinde es insoweit als bemerkenswert, wenn ein Minister und ein Staatssekretär meinen, darauf hinweisen zu müssen. Den Hinweis darauf, dass man geltendes Recht ja auch ändern kann, wenn es zu unvorhergesehenen Notsituationen kommt, halten ich allerdings nicht nur für legitim, sondern in diesem Kontext sogar für dringend geboten. Ich jedenfalls bin als Kreistagsabgeordneter den Abfallgebührenzahlern verpflichtet, nicht etwa den Betreibern von MVA, die natürlich ein Zusatzgeschäft machen würden, wenn die Zwischenlagerung nicht genehmigt würde, wohingegen die Zwischenlagerung in Verantwortung und unter Ausnutzung kommunaler Strukturen durchgeführt werden könnte.

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