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Haushalt

Haushalt 2002 der Stadt Osterode am Harz

Dr. Wolfgang Wegener (FWG) im Stadtrat (Redemanuskript)

Die Stadt ist reich, sie ist aber nicht unendlich reich

Anrede,

die FWG-Fraktion nimmt traditionell die erste Etat-Rede der Wahlperiode zum Anlass, um auch für den jeweiligen Fünf-Jahreszeitraum Bilanz zu ziehen und die Zukunftsaufgaben zu definieren. Über die jeweiligen Schwankungen von Jahr zu Jahr hinaus werden so mittelfristig Tendenzen und Aufgaben klar erkennbar. Ich werde dabei in diesem Jahr zur besseren Verständlichkeit letztmalig DM-Beträge verwenden.

Dringender Handlungsbedarf

Der von der Verwaltung vorgelegte Haushaltsplan 2002 sieht ein in der Geschichte der Stadt Osterode am Harz bisher noch nie veranschlagtes Defizit von 6, 81 Mio. Mark vor nach 3,2 Mio. Mark in 2001. Dieser Fehlbedarf wird in spätestens zwei Jahren als Fehlbetrag der Vorjahre mit veranschlagt werden müssen, der Finanzplan sieht für 2004 ein Defizit von 13,2 Mio. Mark vor. Zwar überwiegen im städt. Haushalt die Kredittilgungen die Neukredite - die Schulden im städtischen Haushalt werden um 243 TDM. Mark abgebaut - für 2002 veranschlagte Kassenkreditzinsen von 245 TDM bedeuten aber bei einem derzeit üblichen Zinssatz von 3,5 % jahresdurchschnittlich die Inanspruchnahme eines Kassenkredites von 7,0 Mio. Mark. Tatsächlich wird sich die Stadt somit nicht entschulden, sondern im Gegenteil weiter - und zwar drastisch - verschulden. Es gibt somit dringenden Handlungsbedarf.

Etatentwurf 2002 nimmt Entwicklung tatenlos hin

Trotz dieses Handlungsbedarfes nimmt auch der Etatentwurf 2002 der Verwaltung diese Entwicklung mit einer einzigen Ausnahme praktisch tatenlos hin. Diese Ausnahme ist der von der FWG im Forstausschuss am 9. Mai 2001 intensiv diskutierte Abschnitt 58, das städtische Grün. Hier ist eine Verbesserung um 400 TDM prognostiziert. Rechnet man diese Verbesserung heraus, wird sich das Defizit der Einzelpläne 0-7 (die im wesentlichen die Leistungen finanzieren) um lediglich 124 TDM entsprechend 5 Promille im Vergleich zum Vorjahr verringern.Die nennenswerte Verschlechterung gegenüber 2001 findet mit -3,9 Mio. Mark ausschließlich im Einzelplan 9 (Kredite, Umlagen) statt. Dabei wird die von der Verwaltung beklagte Erhöhung der Gewerbesteuerumlage um 580 TDM in etwa durch den um 450 TDM erhöhten Anteil der Stadt an der Einkommensteuer kompensiert. 90 % der Verschlechterung des Epl. 9 setzt sich aus lediglich 2 Positionen zusammen: 1,9 Mio. Mark konnten wir letztes Jahr noch der Rücklage (dem Sparbuch) entnehmen, nun ist das Sparbuch bis auf die gesetzliche Mindestreserve leer; 1,6 Mio. Mark erhält die Stadt weniger an Zuweisungen für Gemeindeaufgaben. Das einzige Indiz für"Fremdverschulden", nämlich die 1,6 Mio. Mark weniger an Zuweisungen nächstes Jahr repräsentieren lediglich 2,1% der Ausgaben des Verwaltungshaushaltes..Umgerechnet auf einen Privathaushalt mit 5000 Mark Netto-Einnahmen im Monat würde dies bedeuten: 105 Mark im Monat einsparen. Für Leute, denen es strukturell so gut geht, wie der Stadt - darauf komme ich gleich - eigentlich eine lösbare Aufgabe.

Osteroder Stadtverwaltung begründet Tatenlosigkeit mit Bundes- und Landeseinflüssen

Die Verwaltung begründet ihre Untätigkeit damit, dass man hilflos den Bundes- und Landeseinflüssen insbesondere bei der Gewerbesteuerumlage und den Zuweisungen ausgesetzt sei. Das ginge allen Kommunen in Niedersachsen so.. Der Haushalt werde schon immer sparsam gefahren, böte also keine Reserven mehr, im übrigen seien seit 1980 bei steigenden Aufgaben Planstellen abgebaut worden. Mit anderen Worten: Der Haushalt sei ausgequetscht, man sei letztlich hilflos. Die FWG-Fraktion moniert mit Nachdruck, dass hier das falsche Signal vermittelt wird: Wir brauchen wieder mehr Optimismus in der Stadt. Die FWG-Fraktion beurteilt die finanzielle Situation zwar als ernst, falls nicht unverzüglich gehandelt wird - hoffnungslos ist sie aber sicherlich nicht

Argumente der Verwaltung greifen nicht

Unserer Auffassung nach greifen die Argumente der Verwaltung nämlich nicht.

Zu den Einflüssen der Gewerbesteuerumlage und den verminderten Zuweisungen habe ich ja bereits etwas gesagt. Wer vorgibt, seit vielen Jahren zu sparen (also Ausgaben zu reduzieren), muss sich fragen lassen, wieso seit 1996 die Ausgaben der Epl. 0-7 um 10,8 Mio. Mark entsprechend 26 % gestiegen sind bei einem Anstieg der Defizite dieser Haushalte um 3,8 Mio. Mark entsprechend 18%, er muss sich fragen lassen, wie denn dann die Schulden der Stadt incl. der Nebenhaushalte in dieser Zeit von 55,6 Mio. Mark auf deutlich über 90 Mio. Mark Ende 2002 steigen können (und zwar ohne Berücksichtigung der Kassenkredite!).

Wenn auch seit 1980 bei steigender Aufgabenlast 31 Planstellen (8%) abgebaut wurden, bezogen auf die letzten fünf Jahre steht jedenfalls fest, dass die Stadt Ende 1996 347 Planstellen mit Ausgaben von 20,4 Mio. Mark und 2002 ebenfalls 347 Planstellen mit 23,8 Mio. Mark zu finanzieren haben wird. Fest steht ferner, dass im nächsten Jahr trotz eines Rekorddefizits von der Verwaltung das genaue Gegenteil vorgeschlagen wird. Die Stadt gibt Aufgaben im Bereich der Lebensmittelüberwachung an den Landkreis ab und weist insgesamt sogar noch eine Stelle im Stellenplan mehr aus. Ferner werden Wertigkeiten dieser Stellen verbessert. Seit Mai diesen Jahres haben aufgrund einer Änderung des §81 NGO Städte mit mehr als 20 000 Einwohnern (bisher: 30 000 Einwohnern) die Möglichkeit, eine dritte Zeit-Beamtenstelle (nach A16) auszuweisen. Den Verwaltungsvorschlag, diese Möglichkeit umgehend zu nutzen, lehnt die FWG-Fraktion strikt ab. Wird diesem Antrag nicht gefolgt, werden wir den Haushalt ablehnen. Es geht hier keineswegs nur um die Mehrkosten der Besoldungserhöhung einer einzelnen Stelle. Tatsächlich geht es auch um die politische Durchsetzbarkeit der aus unserer Sicht unumgänglichen Personalkosteneinsparungen bei der Stadt. Es könnte als sozial ungerecht empfunden werden, erst in der Top-Etage zu befördern und anschließend weiter unten einsparen. Über die dritte Zeit-Beamtenstelle wird man evtl. später reden können, insbesondere auch dann, wenn sich die Einsparpotentiale im Abschnitt 58, die auch in die Verantwortung des Stelleninhabers fallen, materialisiert haben.

Jammern auf hohem Niveau - Seit Jahren aufgestauter Handlungsbedarf

Das Problem aus unserer Sicht sind nicht die um 1,6 Mio. Mark verminderten Zuweisungen, die beherrschbar wären. Das tatsächliche Problem ist das seit geraumer Zeit vorhandene strukturelle Defizit, welches mit Sondereinnahmen übertüncht wurde. Diese Sondereinnahmen sind nicht nur die seit 1996 im Haushalt verwirtschaftete Rücklage. Das sind nicht nur die der Stadt 1996 und 1997 noch zugeflossenen jeweils 3 Mio. Mark aus dem Verkauf des Vorkaufsrechts WKO. Es sind insbesondere die seit 1996 von 10,1 Mio. Mark um 60 % auf 16,7 Mio. Mark gestiegenen jährlichen Gewerbesteuereinnahmen. (für 2002 sind sogar 16,8 Mio. Mark veranschlagt), die man im Kreisvergleich nur als exorbitant hoch bezeichnen kann. 1999 - die neuesten mir vorliegenden Zahlen - lagen diese Gewerbesteuereinnahmen einwohnerbezogen bei 156 % des Kreisdurchschnittes, Osterode war Spitzenreiter, sogar noch vor Gittelde. Dazu kommen als Sahnehäubchen gut 5 Mio. Mark jährliche Erträge von unserem Energieversorger, um die wir ebenfalls glühend beneidet werden. Die Stadt ist reich, sie ist aber nicht unendlich reich. Wie viel Geld, frage ich Ratsmehrheit und Verwaltung, brauchen Sie eigentlich noch mehr, um die städtischen Kernaufgaben zu erfüllen?

Die FWG-Fraktion hat seit Jahren auf das hohe strukturelle Defizit hingewiesen und angemerkt, dass die Bremsmanöver immer schmerzhafter werden, je später sie erfolgen. Dies ist nicht das Defizit der FWG-Fraktion, es ist das Defizit der Ratsmehrheit. Auf diese Feststellung legen wir Wert, wenn wir nun auch schmerzhafte Maßnahmen mittragen werden.

Mittelfristige Handlungsperspektiven

Wo konkret kann denn abgespeckt werden, wo liegen unsere Handlungsperspektiven?

Wir verbinden große Hoffnungen mit der für März 2002 angekündigten Anfertigung eines Pflegeplanes hinsichtlich des städtischen Grüns. Im Haushaltsabschnitt 58 (Parkanlagen und öffentlich Grünflächen) waren wir laut Planung 2001 einwohnerbezogen 873 TDM oder 120 % teurer als Herzberg.

Wir wollen die städtischen Mietwohngrundstücke auf den Prüfstand stellen und stellen dazu den im Finanzausschuss vorgetragenen Antrag, der Ihnen ja vorliegt. Insbesondere der bis März 2002 auszuführende Prüfauftrag wird eine Vielzahl von entscheidenden Controlling-Kennziffern dem Rat zur Verfügung stellen. Wird diesem Antrag nicht gefolgt, werden wir den Haushaltsentwurf ablehnen.

Wir fordern die Verwaltung auf, spätestens bei Vorschlag einer entsprechenden Heizung im Jugendgästehaus eine Stellungnahme zu unserem Vorschlag abzugeben, die Einrichtung in die WIBO zu überführen. Gegenwärtig hätte dies eine Entlastung des Haushaltes um 200 TDM zur Folge und wäre auch logisch: Es ist sicherlich keine der Kernaufgaben der Stadt.

Wir beabsichtigen, den Kostendeckungsgrad des Aloha ohne Kapitalkosten durch Verbesserung der Auslastung bis 2006 auf 100 % zu erhöhen und begrüßen mit Nachdruck die Erhöhung der Werbemittel um 40 %. Wir hatten im letzten Jahr zwar eine Erhöhung um 100 % beantragt, sehen aber den deutlichen Schritt in die richtige Richtung. Dem Wirtschaftsplan WIBO werden wir wie allen anderen Wirtschaftsplänen auch zustimmen.

Wir fordern die Verwaltung auf, gründlich die Mitgliedsbeiträge zu durchforsten, insbesondere der Beitrag zum Regionalverband Südniedersachsen ist aus unserer Sicht entbehrlich.

Das Haushaltskonsolidierungskonzept erfüllt nicht die Anforderung, durch geeignete Maßnahmen innerhalb der gesetzten Frist den Haushaltsausgleich wieder herbeizuführen. Wir werden es ablehnen, da es nicht entscheidungsreif ist. Die darin vorgeschlagenen Maßnahmen tragen wir mit.

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