FWG Osterode am Harz Politik für Stadt und Landkreis - Daten, Fakten, Konzepte. |
Haushalt 2011 in Zahlen | |
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Erträge | 51 334 100 € |
Aufwendungen | 54 115 100 € |
Kassenkredite | 28 000 000 € |
Investitionskredite | 1 271 300 € |
Einwohner (6/2009) | 23 827 |
Steuersätze | |
Gewerbesteuer | 350 v. H. |
Grundsteuer B | 360 v. H. |
der Ergebnishaushalt 2011 weist ein Defizit von 2,8 Mio. Euro auf, und ohne eine Entnahme aus den Wirtschaftsbetrieben wären es sogar 3,8 Mio. Euro. Dieses Defizit wäre unproblematisch, wenn es ein einmaliger Ausrutscher wäre. Die Stadt Osterode ist ja reich an Einnahmen. So floss uns im Abschluss 2009 eine Gewerbesteuereinnahme von 19,6 Mio. Euro zu, für 2011 sind Erträge unseres Energieversorgers Harzenergie in Höhe von 5,9 Mio. Euro prognostiziert.
Es ist aber kein einmaliger Vorgang, sondern das elfte Defizit in Folge.
Unter Berücksichtigung der Fehlbetragsabdeckung der Vorjahre wird das Defizit des Gesamtergebnisses im Ergebnishaushalt regelrecht explodieren, und zwar von 7,5 Mio. Euro im Abschluss 2009 auf 22,3 Mio. Euro (entsprechend 1000 Euro pro Einwohner) im Jahr 2014. Osterode auf einem guten Weg, wie der Harzkurier unlängst titelte?
Davon sind wir weit entfernt. So heißt es im Bericht des Harzkurier über die Haushaltseinbringung, der den Tenor dieser Rede zutreffend wiedergibt: "Gesehen auf die Gesamtentwicklung zeichnete das Stadtoberhaupt trotz eines aktuellen Defizits im Ergebnishaushalt von etwa 2,8 Mio. Euro ein positives Bild". Soll man da als ahnungsloser Zeitungsleser etwa beunruhigt sein?
Man könnte meinen, die Rede ist von einem Schuldenabbau im Stadthaushalt, man könnte meinen, da dokumentiere sich energischer Sparwillen. Tatsächlich ist in der Haushaltseinbringung die Rede von der Gesamtverschuldung der Stadt einschließlich der ausgegliederten Einrichtungen Wirtschaftsbetriebe (WiBO) und dem Bereich Abwasser (Regiebetrieb und Abbo).
Schulden im Stadthaushalt und den Nebenhaushalten
Im Stadthaushaushalt (rote Linie), aus dem die Pflichtaufgaben wie Straßen, Brücken, Schulen und Kindergärten finanziert werden, wurden in den letzten zehn Jahren keine Schulden abgebaut. Null! Im Bereich Abwasser (blaue Linie) werden einmal im Jahr die Kosten ermittelt und auf die Gebührenzahler umgelegt. Nach der Sanierung und Erweiterung der Kläranlage im Jahr 1996 und kontinuierlicher Pflege des Kanalnetzes gelingt der Schuldenabbau fast wie von allein. Und bei den Wirtschaftsbetrieben (grüne Linie) geht es ohnehin nicht ums Sparen. Das Defizit des Erlebnisbades Aloha entspricht mit 2,5 Mio. Euro in 2009 fast dem des Stadthaushaltes. Es wäre schlicht lächerlich, angesichts erheblicher Einnahmen von Harzenergie die Luxusinvestitionen der Wirtschaftsbetriebe auch noch mit einer Nettokreditaufnahme finanzieren zu wollen.
Kasssenkredite im Stadthaushalt (Im Grundhaushalt genehmigte Höchstgrenze)
2000 betrug diese Höchstgrenze 2,6 Mio. Euro, 2011 werden es 28 Mio. Euro sein. Dies entspricht gut der Hälfte der ordentlichen Aufwendungen des Haushaltes 2011. Auch wenn die Inanspruchnahme des Kassenkredites schwankt, so ist ein ständig in Anspruch genommener, ansteigender Sockelbetrag unverkennbar. Die Anhebung der Kassenkreditermächtigung von 25 Mio. Euro 2010 auf 28 Mio. Euro 2011 zeigt, dass die Kassenkredite zeitweise auch tatsächlich bis zur Höchstgrenze in Anspruch genommen werden. Trägt man die Summe der Schulden im Stadthaushalt und der Kassenkreditermächtigung auf, wird die Fehlentwicklung der letzten zehn Jahre ganz deutlich.
Schulden im Stadthaushalt plus Kassenkreditermächtigung
Diese Summe steigt von 20,9 Mio. Euro 2000 auf 46,3 Mio. Euro zum 1. 1. 2011. Aufgrund der für die Folgejahre prognostizierten Fehlbedarfe wird sich diese Entwicklung bis 2014 sehr dynamisch fortsetzen. Das, Anrede, das ist die grausame Wahrheit.
Wäre dies tatsächlich wahr, dann müssten die durchschnittlichen Personalkosten pro Einwohner aller 82 niedersächsischen Gemeinden unserer Größe ebenfalls steigen. Dies ist nicht der Fall.
Personalkosten pro Einwohner in Osterode vs. nds. Durchschnitt (in Euro)
Die blaue, fast waagerechte Linie zeigt diesen Durchschnitt, die rote, ansteigende Linie, das sind wir. Ich ziehe aus dieser Grafik den Schluss, dass der Anstieg der Personalkosten seit 2003 selbstverursacht ist. Die Rahmenbedingungen sind ja für alle Gemeinden dieselben. Die Grafik basiert bis 2006 und für 2009 auf den Abschlüssen der Haushalte, für 2007 und 2008 habe ich die Zahlen des niedersächsischen Landesamtes für Statistik (NLS) verwendet, da die Abschlüsse dieser Jahre dem Rat noch nicht vorliegen. Für 2010 und 2011 handelt es sich um die Ansätze.
Die grüne Linie zeigt die dem NLS für 2009 gemeldete Zahl. Danach wären die Personalkosten von 2008 auf 2009 trotz Stellenausweitung um 2,4 Mio. Euro gesunken. Tatsächlich sind die Personalkosten von 2008 auf 2009 gestiegen und liegen 2009 um 4,2 Mio. Euro über der dem NLS gemeldeten Zahl. Ich erwarte, dass diese fehlerhafte, mittlerweile veröffentlichte Zahl dem NLS gegenüber korrigiert wird, so dass wenigstens der Landesbericht 2010 korrekt ist. Wir brauchen in Niedersachsen deutsche Statistiken und keine griechischen.
Dieser Tsunami bei den Personalkosten ist selbstverschuldet u. a. durch Übernahme neuer freiwilliger Leistungen z. B. im Stadtmarketing und beim Aloha. Das ist eine lange Liste. Das Ausmaß wird ganz deutlich, wenn man die prozentuale Änderung gegenüber 2003 aufträgt.
Personalkosten pro Einwohner (prozentuale Abweichung zu 2003)
Während die Personalkosten pro Einwohner im Durchschnitt der niedersächsischen Gemeinden unserer Größenklasse bis 2009 leicht abnehmen, steigen sie in Osterode um über 30 Prozent, bis 2011 sogar um fast 45 Prozent.
als Schwerpunkt meiner Rede wollte ich insbesondere der Öffentlichkeit das wahre Ausmaß der Probleme deutlich machen. Eine korrekte Analyse des Ist-Zustandes und deren öffentliche Kommunikation ist zwingende Voraussetzung für die politische Durchsetzbarkeit der nun notwendigen Entscheidungen.
Lassen Sie mich zum Schluss im Schnelldurchlauf einige dieser Maßnahmen aufzählen. Zu den Personalkosten, Herr Bürgermeister: Rückabwickeln, soweit irgend möglich. Vom Land eröffnete Spielräume z. B. bei der Gleichstellungsbeauftragten: Nutzen!
Keinen Euro mehr in den weiteren Ausbau des Aloha, wir brauchen einen weit größeren Anteil dieser Erträge im Stadthaushalt. Geld, welches im Haushalt der Wirtschaftsbetriebe ausgegeben wird, anstatt es in einen defizitären Stadthaushalt zu überführen, erhöht den Kassenkredit der Stadt. Der städtische Haushalt verkommt immer mehr zum Armenhaus, während in der Sauna Luxusliegen angeschafft werden.
Saunaliege im Osteroder Erlebnisbad Aloha
Wer sich dagegen den Fuchshallerweg in der Kernstadt oder die Kirchstraße in Schwiegershausen ansieht, erkennt eine verfallende Infrastruktur im Pflichtbereich.
Kirchstraße in Schwiegershausen
Im Oktober 2008 stellte ein Gutachter fest: "Bei 19 Brücken besteht sofortiger Handlungsbedarf, bei 9 Brücken wird ein Neubau empfohlen". Bis auf die Armentieresbrücke, die Brücke in der Seesener Straße, zwei Brücken in Förste sowie der dankenswerterweise für 2011 in den Blick genommenen Johannistorbrücke ist da noch nicht viel geschehen. Für 41 städtische Mietobjekte mit insgesamt 124 Mietverhältnissen sind im Wesentlichen 25 000 Euro pro Jahr vorgesehen: 1,2 Prozent vom Wiederbeschaffungswert, wie eigentlich erforderlich, sind dies jedenfalls nicht.
Durch Einbringung des Museums, der Stadtbibliothek und des ÖPNV in die WiBO diese Einrichtungen den Sparzwängen und der Transparenz des Stadthaushaltes entziehen zu wollen nach dem Motto: Leinen los! halte ich für falsch. Vielmehr muss die Sinnhaftigkeit dieser Einrichtungen diskutiert werden.
Den Haushaltsentwurf 2011 und das Haushaltssicherungskonzept lehne ich ab, dem Haushalt des Abwasserregiebetriebes werde ich zustimmen.
Anmerkung vom 9. August 2011: Wie wenig selbst an Haushaltsfragen weit überdurchschnittlich Interessierte über die tatsächlichen Verhältnisse aus der Tageszeitung erfahren, zeigt ein Leserbrief vom 2. August 2011. Der Bürgermeister und sein Kämmerer nahmen umfangreich zu diesem Leserbrief Stellung, das entsprechende Pressegespräch wurde bereits wenige Tage danach, am 6. August 2011 veröffentlicht. Es offenbart phänomenale Rechenkünste und eine offenbar im Dämmerzustand befindliche Redaktion der Tageszeitung.
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