Dr. Wolfgang Wegener (FWG) im Stadtrat (Redemanuskript)
Gute-Laune Bürgermeister
Anrede,
nach 2,4 Mio. Euro 2008 beträgt das für 2009 veranschlagte
Defizit im Ergebnishaushalt 1,413 Mio. Euro, es wird damit der neunte
defizitäre Haushalt in Folge vorgelegt. Die scheinbare Verbesserung im
Vergleich zu 2008 beruht lediglich auf einer Entnahme aus den Wirtschaftsbetrieben WiBO in Höhe von
1 Mio. Euro im letzten Jahr. Tatsächlich wird die Haushaltslage sogar immer
angespannter, da es 2009 eine Verbesserung um 2,9 Mio. Euro bei den Steuern,
Zuweisungen und Umlagen geben wird,
während das Defizit ohne Sondereffekte praktisch gleich bleibt. So steigen etwa
die Schlüsselzuweisungen vom Land von 1,3 Mio. Euro 2008 auf 6,7 Mio. Euro, die
Finanzausgleichsumlage für finanzstarke Gemeinden sinkt von 1,3 Mio. Euro 2008 auf Null, und
aufgrund der sich verschlechternden Finanzkraft der Stadt werden wir 3,7 Mio. Euro weniger
Kreisumlage zahlen müssen. Dass es stetig und ungebremst weiter bergab geht, zeigt auch die
drastische Anhebung der Kassenkreditermächtigung auf den Rekordwert von 25
Mio. Euro, dies entspricht der Hälfte der veranschlagten ordentlichen
Aufwendungen.
Mangelnde Transparenz
Hinsichtlich der Transparenz ist anzumerken, dass erstmals
der Abschluss des Vorjahres noch nicht vorliegt, und damit seriöse Beratungen - vorsichtig
formuliert - schwierig sind. Da es der Bürgermeister für unnötig hält, über das vierte Quartal
einen Bericht anfertigen zu lassen - der Rat bekommt bekanntlich nur drei
Quartalsberichte - fällt dies erst jetzt auf. Man stelle sich mal vor, die
Deutsche Bank würde ähnlich verfahren, da wäre die Stimmung heute besser. Ich fordere
jedenfalls wieder vier Quartalsberichte.
Fehlende Haushaltsdisziplin
Die sich stetig verschlechternde Haushaltslage kann
niemanden ernsthaft wundern, denn Sparwille ist nicht erkennbar. So steigen die
Personalkosten stetig weiter. Seit der
Bürgermeister 2004 sein Amt angetreten hat, sind die Personalkosten pro
Einwohner bis Ende 2007 um 20 Prozent gestiegen, während sie im Durchschnitt
der niedersächsischen Gemeinden unserer Größenklasse trotz steigender
Lohntarife um 8 Prozent gesunken sind. Niedersächsischer Spitzenreiter sind wir
in dieser Disziplin sowieso. Im letzten Jahr wurden die Aufwandsentschädigungen
erhöht, und im Juli waren sich zwar alle einig, dass man praktisch
leerstehenden Schulen schließen wolle, aber als dann Südwind aufkam, fiel
praktisch der gesamte Rat bis auf die FWG wieder um: Nun werden in der
Grundschule Schwiegershausen 60 000 Euro für eine Brandschutztreppe investiert,
bis dann voraussichtlich 2010 die Schule doch geschlossen wird. Haushaltsdisziplin sieht
anders aus.
Weitere Entwicklung der Finanzsituation
Zur weiteren Entwicklung der Finanzsituation findet sich im
Vorbericht des Haushaltsplans eine "Aufstellung der Entwicklung des Gesamtergebnisses
unter Berücksichtigung der Fehlbetragsentwicklung aus Vorjahren". Danach wird sich das
Ergebnis ohne Fehlbeträge der Vorjahre ab 2010 auf ein Defizit von etwa 3,6 Mio. Euro
jährlich einpendeln. Das Gesamtergebnis
2012 inkl. Fehlbeträge wird dort mit 13,4 Mio. Euro angegeben. Dabei werden die
Defizite der Vorjahre erst zwei Jahre nach ihrer Entstehung veranschlagt, wie
es im kameralen Haushalt ja auch üblich war.
Katastrophaler Werteverzehr
Wir haben aber keinen kameralen Haushalt mehr, sondern einen
doppischen, und tatsächlich wird das Defizit nicht mehr im Ergebnishaushalt
veranschlagt, sondern taucht in der Bilanz des Folgejahres auf und vermindert
dort das Eigenkapital (Nettoposition). In der Eröffnungsbilanz zum 1.1.2007
betrug die Nettoposition 48 Mio. Euro, dabei war ein Sollfehlbetrag 2006 von
2,9 Mio. Euro enthalten. Ich unterstelle im Abschluss 2007 das Defizit von
2,015 Mio. Euro des 3. Nachtrages, der Mitte Dezember 2007 verabschiedet
wurde. Zum 1.1.2008 betrug der veranschlagte
Sollfehlbetrag somit 4,9 Mio. Euro. Setzt man dies mit den Planzahlen fort, so
beträgt der Sollfehlbetrag Anfang 2009 7,3 Mio., 2010 8,7 Mio. Euro, 2011 12,5 Mio Euro,
2012 16 Mio. Euro und zum 1.1.2013 19,7 Mio. Euro. Das "Gesamtergebnis unter
Berücksichtigung der Fehlbetragsentwicklung aus Vorjahren" 2012 beträgt also nicht
13,4 Mio. Euro, sondern 19,7 Mio. Euro. Damit
plant der Bürgermeister, 40% des Eigenkapitals der Stadt, welches in über 800 Jahren aufgebaut wurde,
innerhalb der nächsten drei Jahre zu verwirtschaften, und sofern sich ihm eine Mehrheit nicht entgegenstellt,
wird dies auch so kommen. Da unser
Gute-Laune Bürgermeister in seiner Einbringungsrede vor "Miesmachern,
Pessimisten und Besserwissern" gewarnt hat, wird dieser katastrophale
Werteverzehr vermutlich auch weiterhin wie bisher jedes Jahr in der
Lokalzeitung mit der Bemerkung begleitet werden, Bürgermeister Becker setze
seinen Kurs der Haushaltskonsolidierung fort.
Spielräume
Ernsthaft sparen ließe
sich nicht mehr, so der Bürgermeister, sonst gingen im Mittelzentrum Osterode
die Lichter aus. Das werden die Osteroder sicher gerne hören. In der gesamten
Planungsperiode könnten die freiwilligen Leistungen unterhalb der vom
niedersächsischen Innenministerium angestrebten Quote von 3 Prozent der
ordentlichen Erträge gehalten werden. Wörtlich heißt es dazu im Haushaltssicherungskonzept
2009: "Hier spiegelt sich insbesondere die bereits in der Vergangenheit
begonnene, konsequente Reduzierung der freiwilligen Leistungen". Stimmt das überhaupt?
Freiwillige Leistungen 11% der ordentlichen Einnahmen
Im Haushaltssicherungskonzept 2008 findet sich eine
detaillierte Liste der freiwilligen Leistungen, für die es keine rechtliche
Verpflichtung gibt, mit in der Summe 1,3 Mio. Euro entsprechend 2,46 Prozent
der ordentlichen Einnahmen. Ich habe dies Position für Position nachvollzogen
und festgestellt, dass es sich dabei um die Zahlen im Finanzhaushalt des
Grundhaushaltes 2008 handelt. Die wahren Kosten einer Einrichtung enthalten auch interne
Leistungen der Verwaltung wie etwa Overhead, Arbeiten des Baubetriebshofes, fiktive Kaltmiete
etc., und die stehen nicht im Finanzhaushalt, sondern im
Ergebnishaushalt. Korrigiert man dies, so betragen die freiwilligen Leistungen
2008 gemäß dieser Liste 1,6 Mio. Euro und liegen mit 3,06 Prozent bereits über
den geforderten 3 Prozent. Dazu kommen Leistungen, die im Haushaltsplan zwar als freiwillig
bezeichnet werden, in der Liste aber fehlen, z. B. Allg. Rechtsangelegenheiten, Zentraler Bauhof
usw., insgesamt 776 700 Euro. Damit kommt man mit 2,35 Mio. Euro entsprechend
4,8 Prozent der ordentlichen Einnahmen schon auf deutlich mehr als das derzeit veranschlagte
Defizit. Dazu kommen Leistungen, die zwar nicht als freiwillig bezeichnet sind,
dies aber tatsächlich sind, weil wir sie aus eigener Kraft beeinflussen können.
Zur Gleichstellungsbeauftragten heißt es bei der Auftragsgrundlage:
"Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Niedersächsische Gemeindeordnung(NGO)"
- weder die NGO, geschweige das Grundgesetz schreibt uns vor, eine
Frauenbeauftragte vorzuhalten. Tatsächlich ist diese Aufgabe freiwillig und
kostet uns 18400 Euro, und die Ortsräte mit 73900 Euro könnten wir auch
jederzeit abschaffen. Jetzt sind wir schon bei 2,44 Mio. Euro entsprechend 5 %.
In der Liste finden sich zwei freiwillige Leistungen mit einem negativen
Eurobetrag, das Reise- und Verkehrsbüro spielt 94200 Euro ein, aus Verpachtungen erzielen wir
136400 Euro. Wer Geld sparen will, wird auf diese freiwilligen Leistungen nicht verzichten wollen.
Lässt man diese beiden freiwilligen "Leistungen" außen vor, so beträgt der
wahre Spielraum bei den freiwilligen Leistungen 2,7 Mio. Euro entsprechend 5,47
% der ordentlichen Einnahmen. Wir sind abschließend rechtlich nicht
verpflichtet, ein Spaßbad zu betreiben. Der Zuschuss Aloha 2007 beträgt 2,1
Mio. Euro, bei der Stadthalle 594 000 Euro. Insgesamt ergeben sich damit
freiwillige Leistungen in Höhe von 5,346 Mio. Euro entsprechend 11 Prozent der
ordentlichen Einnahmen.
Fazit
Dieser Haushalt lässt - wie seine Vorgänger auch - jedweden
Willen vermissen, die Dinge in Ordnung bringen zu wollen. Mittragen werde ich
diese Haushaltswirtschaft jedenfalls nicht und werde den Haushalt daher
ablehnen. Wo ich Handlungsspielräume sehe, ist ja wohl hinreichend deutlich
geworden.
Die oben angegebenen freiwilligen Leistungen sind sicherlich
nicht alle sofort mobilisierbar, aber das ist angesichts deren Finanzvolumens
im Vergleich zum Defizit ja auch gar nicht notwendig, zumal ich auch im
sogenannten Pflichtbereich noch deutliche Ansätze zur Effizienzsteigerung sehe.
Garnichts zu tun, z. B. mit dem Ziel, Wahlen zu gewinnen, ist jedenfalls aus
Sicht der FWG insbesondere mit Blick auf die Kinder und Enkelkinder keine
verantwortbare Option. Im Wirtschaftsplan der WiBO jetzt noch weitere 480 000
Euro ins Aloha zu stecken für Saunagarten und den sogenannten Wellnessbereich,
und sich damit einer Hundertprozent-Überbauung des Schwimmbadgeländes weiter zu
nähern, das lehne ich ab - dieses Geld
soll in den Stadthaushalt überführt werden, da brauchen wir es wirklich.
Eine Erhöhung der Gewerbesteuer, die ursprünglich ja
beabsichtigt war, ist vom Tisch, und das ist auch gut so. Bei all diesen
ungenutzten Spielräumen bei der Stadt die Grundsteuern A und B zu erhöhen und
damit den Leuten noch mehr Geld wegzunehmen, um es umzuverteilen, das lehne ich
ab. Die Befürchtung, der Landkreis werde deswegen den Haushalt nicht
genehmigen, teile ich nicht. Wenn überhaupt, dürfte sich der Landkreis auf die
Höhe des zu genehmigenden Kassenkredites und damit auf die freiwilligen
Leistungen konzentrieren, und das wäre ja auch nicht ganz von der Hand zu
weisen.
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