FWG Osterode am Harz Politik für Stadt und Landkreis - Daten, Fakten, Konzepte. |
Der Haushaltsplan 2004 sieht ein Defizit von 3,85 Mio. Euro vor, abzüglich des veranschlagten Fehlbetrages der Vorjahre beträgt das strukturelle Defizit 2,8 Mio. Euro. Es liegt damit um 305 k€ oder 12 % über dem strukturellen Defizit im Abschluss 2002. Bereinigt um den Sondereffekt der Verzinsung des Eigenkaptials der Abwasserbeseitigung (Ansatz 2004 305 T€, Abschluss 2002 Null €) ist das strukturelle Defizit sogar um 610 T€ entsprechend 24 % gestiegen. Wir nähern uns mit dem Haushalt 2004 also nicht der Problemlösung, wir entfernen uns von ihr.
Ich weise seit Beginn meiner Ratstätigkeit im Jahr 1999 auf ein erhebliches strukturelles Defizit hin, welches seit mindestens 1996 mit Sondereinnahmen und Sondereinflüssen übertüncht wurde. So hatte ich bereits in meiner ersten Haushaltsrede zum noch ausgeglichenen Haushalt 2000 Parallelen zu Bad Grund gezogen. "Alles wird nicht mehr leistbar sein, Investitionen müssen sich möglichst aus sich selbst finanzieren, Kostendeckungsgrade müssen angehoben werden, wo immer möglich". Der Haushalt 2001 sah dann bereits ein Defizit von 1,7 Mio. Euro vor, die Rücklage war leer. Unbeeindruckt von meiner Analyse des Vorjahres führten die SPD-Fraktion und der Herr K. (FDP) bei diesem Defizit sogar noch zusätzlich als neue freiwillige Leistung den Stadtbus ein. In meiner Rede zum Haushalt 2001 erkannte die FWG bei der Ratsmehrheit "Anzeichen für eine Ausgabe- und Subventionsmentalität, die jetzt gebrochen werden muss". 2002 wurden dann bereits 3,48 Mio. Euro veranschlagt. Ich verwies auf die mittlerweile auf 8,6 Mio. Euro gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen, die man im Kreisvergleich nur als exorbitant hoch bezeichnen könne und fragte die SPD und den Herrn K. (FDP) : "Wie viel Geld brauchen Sie eigentlich noch mehr, um die städtischen Kernaufgaben erfüllen zu können". 2003 wurde dann bereits 4,7 Mio. Euro veranschlagt, die im Nachtrag veranschlagten 12,3 Mio. Euro Gewerbesteuereinnahmen erreichten mittlerweile die Stratosphäre, der Haushalt war so gut wie abundant, wir standen aufgrund hoher Einnahmen kurz davor, in den niedersächsischen Finanzausgleich sogar einzahlen zu müssen.
In Osterode dagegen wird sogar heute noch das Wort "Kaputtsparen" gebraucht, wenn auch von Leuten, von deren populistischen Stärken ich weit mehr überzeugt bin als von ihrer Finanzkompetenz. Die Finanzlage der Stadt beurteile ich jedenfalls mittlerweile als dramatisch. Mit einer Kassenkreditermächtigung in Höhe von 2/6 der Einnahmen des Verwaltungshaushaltes ist die einnahmestärkste Gemeinde im Regierungsbezirk Braunschweig mittlerweile tatsächlich in einer Liga mit Bad Grund.
Dies kann allerdings nur ein erster Anfang sein. In den Leistungshaushalten 0-7 ist all das enthalten, was wir oder besser die SPD-Fraktion und der Herr K. uns in Osterode leisten. Insgesamt stieg der Zuschussbedarf in diesen Leistungshaushalten seit dem Abschluss 2002 um 52 T€ entsprechend 0,4 Prozent, während er im gleichen Zeitraum in der Stadt Herzberg bei gleichbleibender Haushaltsstruktur einwohnerbezogen umgerechnet um 590 T€ sank. Insgesamt ergibt sich aus diesem Vergleich mit Herzberg ein theoretisch maximal erschließbares Potential von 2,5 Mio. Euro: Um soviel geringer ist der Zuschussbedarf in den Leistungshaushalten in Herzberg.
Die bisher beschlossenen Maßnahmen sind Einnahmeverbesserungen. Einsparungen sind schwieriger zu erschließen. Auf einige mögliche Handlungsperspektiven hatte ich bereits ich bereits im Finanzausschuss hingewiesen. So hat Osterode z. B. im Bereich der Sportanlagen einwohnerbezogen einen um 374 k€ höheren Zuschussbedarf als Herzberg, beim städtischen Grün sind dies 190 k€, bei der Straßenbeleuchtung 123 k€, und - Kleinvieh macht auch Mist - bei den öffentlichen Bedürfnisanstalten sind es 31 k€. Weiteres Potential liegt unbestritten im Bereich Energieeinsparung, ich erwarte hier einen Sachstandsbericht unseres Energiebeauftragten.
In dieser Stadt entscheiden 37 Stadtratsmitglieder über 38 Mio. Euro. Doppelt so viele Mitglieder, nämlich 74, haben die Ortsräte, und sie entscheiden über ein tausendstel dieser Summe, nämlich über 50 k€, bei Aufwandsentschädigung von 22 k€. Man muss kein Mann der Wirtschaft sein, um an der Sinnhaftigkeit dieser Veranstaltung zu zweifeln. Im übrigen kann man auch einmal fragen, wieso eigentlich Freiheit eine Ortsfeuerwehr, eine Seniorenweihnachtsfeier, Zuschüsse für Freiheiter Vereine aus Ortsratsmitteln usw. hat, Dreilinden, Röddenberg, aber auch die Innenstadt nicht?
Meine Zustimmung zum Haushalt 2005 allerdings mache ich maßgeblich davon abhängig, dass auch im Gespräch mit Herzberg versucht wird, diese aufgezeigten theoretisch möglichen Einsparpotentiale auf Realisierbarkeit abzuklopfen und darüber zu berichten.
Ich gehe ferner davon aus, dass der auslaufende Vertrag Stadtbus vorsorglich gekündigt und neu ausgehandelt wird. Ich habe nichts gegen den Stadtbus, den Zuschuss allerdings können wir uns nicht mehr leisten. Vielleicht kann man ja sogar beides kombinieren.
Den Wirtschaftsplan der Wirtschaftsbetriebe (WiBO) werde ich allerdings ablehnen. Bei sinnvollen Investitionen steuerliche Spielräume voll ausschöpfen: Gut. Wer aber 1 Mio. Euro für den Ausbau der Sauna raushaut, wie sie alle hier, nur um Steuern zu sparen - betriebswirtschaftlich ist das bei derzeit 16 000 Besuchern Wahnsinn - kann sich nicht gleichzeitig über das Ausbluten der Kommunen durch Bund und Land zu beklagen: Woher soll das Geld denn kommen?
Es sollte ferner untersucht werden, wie sich Gewinnentnahmen aus der WiBO in den Haushalt steuerlich auswirken.
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