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Haushalt

Haushalt 2004 der Stadt Osterode am Harz

Dr. Wolfgang Wegener (FWG) im Stadtrat (Redemanuskript)

Sparen, sparen, sparen!

Anrede,

Der Haushaltsplan 2004 sieht ein Defizit von 3,85 Mio. Euro vor, abzüglich des veranschlagten Fehlbetrages der Vorjahre beträgt das strukturelle Defizit 2,8 Mio. Euro. Es liegt damit um 305 k€ oder 12 % über dem strukturellen Defizit im Abschluss 2002. Bereinigt um den Sondereffekt der Verzinsung des Eigenkaptials der Abwasserbeseitigung (Ansatz 2004 305 T€, Abschluss 2002 Null €) ist das strukturelle Defizit sogar um 610 T€ entsprechend 24 % gestiegen. Wir nähern uns mit dem Haushalt 2004 also nicht der Problemlösung, wir entfernen uns von ihr.

Die Vorgeschichte

Ich habe als Ratsherr die Aufgabe, dieses Problem zu lösen und habe nie einen Zweifel daran gelassen, dass ich bereit bin, auch in der Opposition schmerzhafte Maßnahmen mitzutragen. Ich werde dabei aber deutlich machen, dass dies nicht das Defizit der FWG ist und deswegen kurz auf die Vorgeschichte dieses Defizits eingehen, zumal diese Vorgeschichte auch Lösungsansätze für die Zukunft enthält.

Ich weise seit Beginn meiner Ratstätigkeit im Jahr 1999 auf ein erhebliches strukturelles Defizit hin, welches seit mindestens 1996 mit Sondereinnahmen und Sondereinflüssen übertüncht wurde. So hatte ich bereits in meiner ersten Haushaltsrede zum noch ausgeglichenen Haushalt 2000 Parallelen zu Bad Grund gezogen. "Alles wird nicht mehr leistbar sein, Investitionen müssen sich möglichst aus sich selbst finanzieren, Kostendeckungsgrade müssen angehoben werden, wo immer möglich". Der Haushalt 2001 sah dann bereits ein Defizit von 1,7 Mio. Euro vor, die Rücklage war leer. Unbeeindruckt von meiner Analyse des Vorjahres führten die SPD-Fraktion und der Herr K. (FDP) bei diesem Defizit sogar noch zusätzlich als neue freiwillige Leistung den Stadtbus ein. In meiner Rede zum Haushalt 2001 erkannte die FWG bei der Ratsmehrheit "Anzeichen für eine Ausgabe- und Subventionsmentalität, die jetzt gebrochen werden muss". 2002 wurden dann bereits 3,48 Mio. Euro veranschlagt. Ich verwies auf die mittlerweile auf 8,6 Mio. Euro gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen, die man im Kreisvergleich nur als exorbitant hoch bezeichnen könne und fragte die SPD und den Herrn K. (FDP) : "Wie viel Geld brauchen Sie eigentlich noch mehr, um die städtischen Kernaufgaben erfüllen zu können". 2003 wurde dann bereits 4,7 Mio. Euro veranschlagt, die im Nachtrag veranschlagten 12,3 Mio. Euro Gewerbesteuereinnahmen erreichten mittlerweile die Stratosphäre, der Haushalt war so gut wie abundant, wir standen aufgrund hoher Einnahmen kurz davor, in den niedersächsischen Finanzausgleich sogar einzahlen zu müssen.

Vergleiche mit anderen

Um die Haushaltsprobleme in den Griff zu bekommen, ist ein Bewusstseinswandel bei denjenigen erforderlich, die in dieser Wahlperiode die Verantwortung tragen. Als Vorbild erwähne ich hier die Stadt Bad Harzburg, die bei erheblich niedrigerer Steuerkraft als Osterode auch 2004 noch einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen kann, und zwar ohne Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuern und ohne Gewinnentnahme bei den Kur-, Tourismus und Wirtschaftsbetrieben. Auf der Internetseite der dortigen Mehrheitsfraktion SPD heißt es : "Sowohl im Vermögens- als auch im Verwaltungshaushalt mussten viele Positionen gestrichen werden. Da keiner mit einer wirklichen Entlastung durch die Gemeindefinanzreform rechnet, wird sich auch in den kommenden Jahren die Situation nicht wesentlich verbessern und das Motto muss weiterhin heißen: Sparen, sparen, sparen".

In Osterode dagegen wird sogar heute noch das Wort "Kaputtsparen" gebraucht, wenn auch von Leuten, von deren populistischen Stärken ich weit mehr überzeugt bin als von ihrer Finanzkompetenz. Die Finanzlage der Stadt beurteile ich jedenfalls mittlerweile als dramatisch. Mit einer Kassenkreditermächtigung in Höhe von 2/6 der Einnahmen des Verwaltungshaushaltes ist die einnahmestärkste Gemeinde im Regierungsbezirk Braunschweig mittlerweile tatsächlich in einer Liga mit Bad Grund.

Einsparpotentiale

Sicherlich ist seit 2002 auch in Osterode einiges geschehen. Der Rat hat die KiGa-Gebühren zum 1. 1. 2004 angepasst zur Erreichung eines Kostendeckungsgrades von 21 %. Die Anhebung der Grundsteuern A und B zum 1. 1. 2002 führten zu einer Verbesserung von 152 T€ jährlich. Auch aus meinen Kennziffernvergleichen mit Herzberg wurden einige Schlüsse gezogen, insofern finde ich mich in diesem Haushalt zum Teil auch wieder. Vergleichbar mit Herzberg ist unser Zuschussbedarf jetzt in Bereich Straßenreinigung und Winterdienst, veranschlagt wurde bekanntlich einer Winterdienstgebühr zum 1. 1. 2004 mit einer für dieses Jahr veranschlagten Verbesserung im UA 67 von 117 T€ bei noch hohem Anteil (40 %) öffentlichen Interesses, der sicherlich sinken wird: Im Haushaltskonsolidierungskonzept sind 204 T€ prognostiziert. Vergleichbar mit Herzberg sind wir mittlerweile auch im Bereich Friedhofswesen, die Erhöhung des Kostendeckungsgrades zum 26. 2. 2003 führt zu einer Einnahmeverbesserung in diesem Haushalt von 146 T€ im Vergleich zum Abschluss 2002.

Dies kann allerdings nur ein erster Anfang sein. In den Leistungshaushalten 0-7 ist all das enthalten, was wir oder besser die SPD-Fraktion und der Herr K. uns in Osterode leisten. Insgesamt stieg der Zuschussbedarf in diesen Leistungshaushalten seit dem Abschluss 2002 um 52 T€ entsprechend 0,4 Prozent, während er im gleichen Zeitraum in der Stadt Herzberg bei gleichbleibender Haushaltsstruktur einwohnerbezogen umgerechnet um 590 T€ sank. Insgesamt ergibt sich aus diesem Vergleich mit Herzberg ein theoretisch maximal erschließbares Potential von 2,5 Mio. Euro: Um soviel geringer ist der Zuschussbedarf in den Leistungshaushalten in Herzberg.

Die bisher beschlossenen Maßnahmen sind Einnahmeverbesserungen. Einsparungen sind schwieriger zu erschließen. Auf einige mögliche Handlungsperspektiven hatte ich bereits ich bereits im Finanzausschuss hingewiesen. So hat Osterode z. B. im Bereich der Sportanlagen einwohnerbezogen einen um 374 k€ höheren Zuschussbedarf als Herzberg, beim städtischen Grün sind dies 190 k€, bei der Straßenbeleuchtung 123 k€, und - Kleinvieh macht auch Mist - bei den öffentlichen Bedürfnisanstalten sind es 31 k€. Weiteres Potential liegt unbestritten im Bereich Energieeinsparung, ich erwarte hier einen Sachstandsbericht unseres Energiebeauftragten.

Wofür brauchen wir Ortsräte?

Eine letzte Anmerkung - Stichwort Bewusstseinswandel - zu den Ortsratsmitteln. Sie sind Symbol. Der Vorschlag der Verwaltung, die Ortsratsmittel von 4 Euro pro Einwohner auf 2 Euro pro Einwohner plus Sockelbetrag von 2000 € pro Ortsrat umzustellen, bedeutet eine Absenkung der Ortsratsmittel von 50 T€ auf 37 T€, die SPD-Fraktion beantragt, diese Einsparung von 13 T€ nicht zu realisieren. Zwischen dem und dem "Sparen, Sparen, Sparen" der Bad Harzburger SPD liegen Welten. Was geschieht eigentlich in einem Ortsrat? Als Beispiel habe ich mir mal die Protokolle des Freiheiter Ortsrates vom letzten Jahr angesehen. 13 Mitglieder haben 2003 in 5 Sitzungen 1050 € im "Gießkannenverfahren" (so der Bericht im HK) an 11 Vereine verteilt (im Schnitt 95 € pro Verein), an Vereine, das weiß ich von den JHV und den Zeitungsberichten, die völlig anders wirtschaften als die SPD-Fraktion und der Herr K.: Die Vereinskassen sind in der Regel im Gegensatz zu denen der Stadt, gut gefüllt. Diese Minizuschüsse müssen über Kassenkredite finanziert werden und helfen niemandem wirklich weiter. Insgesamt stehen dem Ortsrat Freiheit auf der Basis 4 € pro Einwohner 8368 € zu, über die 2003 in 117 Mannstunden entschieden wird. Die Aufwandsentschädigungen betragen 3600 € und sind mit 18 € pro Monat sicherlich nicht zu hoch .

In dieser Stadt entscheiden 37 Stadtratsmitglieder über 38 Mio. Euro. Doppelt so viele Mitglieder, nämlich 74, haben die Ortsräte, und sie entscheiden über ein tausendstel dieser Summe, nämlich über 50 k€, bei Aufwandsentschädigung von 22 k€. Man muss kein Mann der Wirtschaft sein, um an der Sinnhaftigkeit dieser Veranstaltung zu zweifeln. Im übrigen kann man auch einmal fragen, wieso eigentlich Freiheit eine Ortsfeuerwehr, eine Seniorenweihnachtsfeier, Zuschüsse für Freiheiter Vereine aus Ortsratsmitteln usw. hat, Dreilinden, Röddenberg, aber auch die Innenstadt nicht?

Fazit

Ich werde hinsichtlich der heute noch gestellten Anträge folgendermaßen abstimmen: Schieben und konsolidieren ist die Devise. Ich habe hinreichend deutlich gemacht, dass ich die Verantwortung für diesen Haushalt ablehne und lange genug, versehen mit konkreten Vorschlägen, gewarnt habe. Gleichwohl finde ich mich in diesem Haushalt mit eigenen, auch schmerzhaften Vorschlägen wieder und werde mich nicht drücken. Ich werde dem Haushaltsplan in diesem Jahr daher zustimmen und möchte der Mehrheit damit das Signal geben, nun ernsthaft die Probleme anzugehen.

Meine Zustimmung zum Haushalt 2005 allerdings mache ich maßgeblich davon abhängig, dass auch im Gespräch mit Herzberg versucht wird, diese aufgezeigten theoretisch möglichen Einsparpotentiale auf Realisierbarkeit abzuklopfen und darüber zu berichten.

Ich gehe ferner davon aus, dass der auslaufende Vertrag Stadtbus vorsorglich gekündigt und neu ausgehandelt wird. Ich habe nichts gegen den Stadtbus, den Zuschuss allerdings können wir uns nicht mehr leisten. Vielleicht kann man ja sogar beides kombinieren.

Den Wirtschaftsplan der Wirtschaftsbetriebe (WiBO) werde ich allerdings ablehnen. Bei sinnvollen Investitionen steuerliche Spielräume voll ausschöpfen: Gut. Wer aber 1 Mio. Euro für den Ausbau der Sauna raushaut, wie sie alle hier, nur um Steuern zu sparen - betriebswirtschaftlich ist das bei derzeit 16 000 Besuchern Wahnsinn - kann sich nicht gleichzeitig über das Ausbluten der Kommunen durch Bund und Land zu beklagen: Woher soll das Geld denn kommen?

Es sollte ferner untersucht werden, wie sich Gewinnentnahmen aus der WiBO in den Haushalt steuerlich auswirken.

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