FWG Osterode am Harz Politik für Stadt und Landkreis - Daten, Fakten, Konzepte. |
Haushalt 2012 in Zahlen | |
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Erträge | 51 678 400 € |
Aufwendungen | 54 693 300 € |
Kassenkredite | 28 000 000 € |
Investitionskredite | 1 554 800 € |
Einwohner (6/2010) | 23 609 |
Steuersätze | |
Gewerbesteuer | 350 v. H. |
Grundsteuer B | 360 v. H. |
Der am 26. Januar 2012 vom Rat der Stadt Osterode beschlossene Haushalt 2012 weist ein Defizit von 3 Mio. Euro auf. Die Stadt wird sich um 548 800 Euro neu verschulden (2011: 260 200 Euro; der Abschluss 2010 ist offenbar nicht erstellt, die Nettoneuverschuldung für dieses Jahr wird daher nicht mitgeteilt).
Es handelt sich um das zwölfte Defizit in Folge, sämtliche zugehörigen Haushaltssicherungskonzepte seit 2001 sahen innerhalb der jeweiligen Planungsperiode keinen Haushaltsausgleich vor und waren damit rechtswidrig. Der Landkreis als Genehmigungsbehörde hatte im letzten Jahr darauf hingewiesen, dass es so nicht weitergehe. Erwartet werde ein Plan, den Ausgleich zumindest bis spätestens 2015 herzustellen.
Unter diesem Druck des Landkreises fand am 28./29. September (also zwei Wochen nach der Kommunalwahl) eine Strategietagung statt, auf der entsprechende Vorschläge erarbeitet werden sollten. Zwei Fragen stellten sich:
Im Vergleich zum Volumen der Einnahmeverbesserungen sind somit die Einsparvorschläge marginal. Für eine der einwohnerbezogen reichsten Gemeinden Niedersachsens, die seit Jahren keine Schlüsselzuweisungen erhält, und die sicherlich kein Einnahme-, sondern ein Ausgabeproblem hat, ist dies ein durchaus überraschender Vorschlag.
Dabei wurden Maßnahmen der Strategietagung im Umsetzungszeitpunkt konkretisiert. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Maßnahmen aus dem sog. Masterplan e-Government. Insgesamt 313 000 Euro sollen erwirtschaftet werden durch "Prüfung Beschaffung/Submission" (124 695 Euro u. a. durch digitalisierten Postausgang, e-Payment etc.) sowie beim "Kreditorischer und debitorischer Workflow" (233 695 Euro u. a. durch Einführung des sog. e-Governments für die Finanzwirtschaft der Stadt). Als zweite nennenswerte Maßnahme wurde die "Herausnahme der Personalkostensteigerung um jeweils 1 Prozent ab 2013" (so die Beschlussvorlage) vorgesehen im Volumen von 619 900 Euro für 2015. Damit ergibt sich dann für 2015 ein Überschuss von 154 400 Euro und die Aufgabe, ein rechtskonformes Haushaltssicherungskonzept vorzulegen, ist scheinbar gelöst.
Die Gewerkschaft fordert derzeit 6,5 Prozent mehr, das Angebot der Arbeitgeber von 3,3 Prozent wird sicher nicht unterschritten werden [2]. Selbst bei voller Ausschöpfung der Fluktuation (Wiederbesetzungssperre) können bis 2015 höchstens 22 Mitarbeiter im Wert von maximal 1 063 524 Mio. Euro abgebaut werden (dies ist insofern eine Obergrenze, weil nicht alle Mitarbeiter eine Vollzeitstelle haben; gerechnet wurde mit den durchschnittlichen Kosten pro Vollzeitstelle). Da Osterode bezogen auf die niedersächsischen Städte unserer Größenordnung einwohnerbezogen die mit weitem Abstand höchsten Personalausgaben [1] hat, liegt hier neben dem Erlebnisbad Aloha (ggf. Stilllegung nicht für die Kernaufgabe Schwimmen benötigter Anlagen) und den Wirtschaftsbetrieben der Schlüssel zur Haushaltskonsolidierung.
Der Stadtbus mit einem Zuschuss von 60 000 Euro soll nach wie vor leer seine Runden drehen; nur bei Schulbeginn und -ende, also zweimal am Tag, ist der Bus nicht leer.
Das städtische Museum mit einem Kostendeckungsgrad von 2,4 Prozent (besser wohl: 24 Promille) könnte auf ehrenamtliche Basis gestellt werden; das Interesse, eigenes Geld in die Hand zu nehmen, um die Einrichtung zu nutzen, hält sich in engen Grenzen. Die Jahreskarte kostet 6 Euro (die Zahl der verkauften Jahreskarten lässt sich an den Fingern einer Hand abzählen; wer das Museum einmal gesehen hat, hat ja auch schon alles gesehen). Bei Schließung dieser Einrichtung könnten unter Berücksichtigung der zu zahlenden Steuern (15,8 Prozent) 150 000 Euro mehr aus den Wirtschaftsbetrieben dem Haushalt zugeführt werden. Im Bereich Sport mit erheblicher Breitenwirkung und 11 000 Mitgliedern von Sportvereinen in der Stadt (lt. Pressemitteilung des Vorsitzenden des Kreissportbundes vom 8. März 2012) Einsparungen vorzuschlagen, und im Bereich Museum das Doppelte in eine letztlich tote Einrichtung investieren zu wollen, das ist sicherlich erklärungsbedürftig. Möglicherweise will sich keiner der gewählten Politiker mit der Museumsleiterin Angelika Paetzold anlegen: Deren Mann entscheidet als Lokalredakteur, wer mit Bild in die Zeitung kommt.
Eine der Maßnahmen der Strategietagung wurde zwar aufgeführt, aber nicht zur Umsetzung empfohlen. Abschaltung der Straßenbeleuchtung zwischen 23 und 5 Uhr, Einsparung 140 000 Euro p. a.. Ein wesentlich naheliegenderer Vorschlag des Rechungsprüfungsamtes, den ich mir in einer Stellungnahme in der Ratssitzung am 29. Juni 2006 zu eigen machte, kommt dagegen nicht vor: Rückübernahme der Straßenbeleuchtung von Harzenergie auf die Stadt; jährliche Einsparung 200 000 Euro, bei zusätzlicher Abschaltung zwischen 23 und 5 Uhr (ganz schön brutal, insbesondere wenn Frauen allein unterwegs sind) könnten somit 340 000 Euro gespart werden.
[1] Anmerkung vom 26. März 2012:
Unter den 81 niedersächsischen Städte der Größenordnung 20 000 bis 50 000 Einwohner belegt Osterode im Jahr 2010 mit 790,83 Euro/Einwohner Platz 1 bei den Personalkosten, mit deutlichem Abstand vor Laatzen (553,18 Euro/Einwohner) auf Platz 2; der Durchschnitt liegt bei 351,68 Euro/Einwohner. Dies ergibt sich aus den heute vom LSKN veröffentlichten Gemeindeergebnissen der Finanzstatistik 2010.
Für Osterode ist dies Rekord, wie sich aus der folgenden Graphik ergibt.
Personalkosten pro Einwohner in Osterode vs. nds. Durchschnitt (in Euro)
Die Dynamik dieser Entwicklung wird deutlich, wenn man die Änderungen bezogen auf das Jahr vor dem Amtantritt des Bürgermeisters aufträgt, unter dessen Ägide erheblich in das Erlebnisbad Aloha investiert wurde (Sauna etc.)
Personalkosten pro Einwohner (prozentuale Abweichung zu 2003)
(Bis 2006: Haushaltsabschlüsse. Ab 2007 (keine Abschlüsse vorhanden): Landesamt. 2009: Ergebnis einer Ratsanfrage der FWG, da für 2009 fehlerhafte Zahlen nach Hannover gemeldet wurden)
[2] Anmerkung vom 1. April 2012:
Die Verhandlungsführer des Bundes, der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften einigten sich gestern auf folgendes Verhandlungsergebnis. Die Gehälter im öffentlichen Dienst werden ab dem 1. März 2012 (also rückwirkend) um 3,5 Prozent angehoben, zum 1. 1. 2013 und zum 1. 8. 2013 erfolgen weitere Anhebungen um jeweils 1,4 Prozent. Die Laufzeit des Vertrages endet am 28. Februar 2014 (Quelle).
Um abzuschätzen, welche Mehrkosten dies für die Stadt Osterode bedeutet, beziehe ich mich auf die Entgelte für die Angestellten im Plan 2011 in Höhe von 10 600 000 Euro. Inclusive der Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Sozialversicherung (19,6 Prozent) und der betrieblichen Altersversorgung VBL (6,5 Prozent) handelt es sich also um Aufwendungen von 13,4 Mio. Euro (die Beamten haben zum 1. Januar 2012 bereits eine Tariferhöhung von 1,9 Prozent plus 17 Euro pro Monat bekommen und bleiben außer Betracht).
Die Anhebung um 3,5 Prozent ab März 2012 bedeutet Mehrkosten in 2012 von 390 000 Euro. 2013 wird die Anhebung um 3,5 Prozent das ganze Jahr wirksam, dazu kommen je weitere 1,4 Prozent im Januar und im August. Bezogen auf 2011 sind dies 2013 Mehrkosten von 733 000 Euro. 2014 und 2015 wird mindestens (im Februar 2014 endet der Tarifvertrag ja) mit Mehrkosten von 6,3 Prozent entsprechend 842 000 Euro im Vergleich zu 2011 zu rechnen sein.
Daraus ergeben sich folgende Abweichung zum Plan 2012 und dem bis 2015 reichenden Haushaltssicherungskonzept. In den Plan 2012 sind Mehrkosten im Vergleich zum Plan 2011 in Höhe von 2,5 Prozent entsprechend 334 000 Euro eingearbeitet, tatsächlich sind es nun 390 000 Euro und damit 56 000 Euro mehr als geplant. 2013 sind im Haushaltssicherungskonzept diesselben Kosten wie 2012 vorgesehen, tatsächlich sind es aber 399 000 Euro mehr. Auch 2014 und 2015 waren dieselben Kosten wie 2012 geplant, tatsächlich sind es jeweils 518 000 Euro mehr. Dazu kommen in diesen beiden Jahren noch die Mehrkosten aus dem ab März 2014 abzuschließenden neuen Tarifvertrag. Es ist im Übrigen davon auszugehen, dass sich die Beamten nach diesem Tarifabschluss gegenüber den Beschäftigten benachteiligt fühlen werden.
Damit ist das Haushaltssicherungskonzept endgültig Makulatur. Ohne weitergehende, tiefgreifende Maßnahmen werden die Haushalte 2014 und 2015 nicht ausgeglichen sein.
Wenn auch der Tarifvertrag im öffentlichen Dienst von der Stadt nicht beeinflusst werden kann und so hinzunehmen ist: Der Anstieg der Personalkosten im Vergleich zu anderen Gemeinden in Niedersachsen (s. obige Graphik) ist sicherlich weitgehend selbstverursacht. Betrugen die Personalkosten im Abschluss 2003, dem Jahr vor Amtsantritt des Bürgermeisters, noch 12,6 Mio. Euro, so sind im Plan 2012 17,2 Mio. Euro veranschlagt, ein Plus von 4,6 Mio. Euro. Einen nicht ganz unwesentlichen Anteil daran hatten die Folgekosten aufgrund der massiven Investitionen ins Erlebnisbad Aloha. Betrugen hier die Personalkosten 2003 noch 0,67 Mio. Euro, so sind 2012 1,55 Mio. Euro veranschlagt, ein Plus von 0,9 Mio. Euro.
Man kann daher dem Mitarbeiter einer deutschen Gemeinde nur zustimmen: "Wenn die Stadt kein Geld hat, so ist dies jedenfalls nicht meine Schuld. Ich mache gute Arbeit".
[3] Haushaltsgenehmigung:
Mit Verfügung vom 27. 3. 2012, eingegangen bei der Stadt am 31. 3. 2012, wurde die Haushaltssatzung 2012 der Stadt Osterode vom Landkreis genehmigt.
Wer den Mund spitzt, und dann nicht pfeift, kann nicht ernstgenommen werden. Aber vielleicht glaubt der Landkreis ja auch dem vorgelegten Zahlenwerk - dann allerdings könnte man den Landkreis noch viel weniger ernst nehmen.
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